Basilika Vierzehnheiligen | Nr. 54 / 28. Jhrg. 2021/1
6 7 ‚Vierzehnheiligen – eine ganze Kirche voller Hei- liger‘, so könnte man es sagen. Vielleicht helfen uns die großen Heiligen vergangener Tage, deren Bilder und Figuren wir in unserer Basilika finden, auf Spurensuche nach den Alltagsheiligen unserer Tage zu gehen: Da ist zum Beispiel der hl. Nothelfer Eustachius: Seine Figur findet sich vorne rechts am Gnadenaltar; dar- gestellt ist er wie ja auch der hl. Hubertus als Jäger, der zwischen dem Geweih eines Hirschen ein Kreuz erkennt; also ein Mensch, der im Geschöpf die Spu- ren des Schöpfer-Gottes bemerkt. Ein großes Anlie- gen unter anderem unseres Papstes: Wir sollen die Schöpfung, die Tiere und Pflanzen und Rohstoffe der Erde nicht nur als Gebrauchs- und Konsumgegenstände benut- zen, sondern in ihnen als unseren Geschwistern das Göttliche erkennen, das sich unserer letz- ten Verfügung entzieht. Darum leben alle, die sich für den Schutz unserer Mitgeschöpfe in der Land- und Forstwirtschaft, in der Fleisch- und Ernährungsindustrie, übrigens auch für die Rech- te der ausländischen Arbeiter im Fleisch– und Erntebereich einsetzen, etwas sehr Heiliges. Sie erfüllen, was Jesus im Evangelium sagt: „Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn sie werden gesättigt werden.“ Ich sehe vorne links an unserm Gnadenaltar die Figur des hl. Blasius, der Patron all derer, die an Krankheiten der Atemwege erkrankt sind. Gera- de in diesen Zeiten weist er unseren Blick auf alle an Covid 19 Erkrankten. Er verweist aber auch auf alle, die sie behandeln und pflegen. Es sind Heilige unserer Tage, die in selbstlosem Einsatz für sie da sind. Zu ihnen passt auch der hl. Nothelfer Christo- phorus, der nicht nur der Patron der Autofahrer ist. Schon seit dem frühen Mittelalter ist er der Patron der Sterbenden. Er trägt die Seele von Sterbenden wie ein Kind auf der Schulter vom Ufer des irdischen Lebens durch den Abgrund des Todes hinüber an das Ufer des ewigen Lebens. Damit steht er für die vielen besonderen Menschen, Hei- lige der Nächstenliebe, die andere im Sterben beglei- ten, zuhause, in Heimen und Krankenhäusern, in palliati- ven Einrichtungen und Hospizen. Von ihnen spricht Jesus, wenn er sagt: „Selig, die Barmherzigen, denn sie werden Erbarmen finden“. Und direkt hinter der Figur des hl. Blasius die des hl. Aegidius. Er hat als Mensch des Gebetes und als Einsiedler gelebt. Ich denke an alle, und es sind mehr, als man vielleicht denkt, oft auch Kranke und Alte, die als Menschen des Gebetes leben, beim täg- lichen Rosenkranz, in der Feier der hl. Messe, oft auch über das Internet und Fernsehen, die alltäg- lichen Heiligen der Stille. Was täten wir ohne sie. Sie sind gemeint, wenn Jesus sagt: „Selig, die rein im Herzen sind, denn sie werden Gott schauen.“ Ich sehe die Figur des hl. Bischofs und Nothelfers Dionysius. Er trägt sein eigenes Haupt in Händen. Man könnte auch sagen, er trägt den Kopf unter dem Arm. Das ist eine andere Redewendung für Menschen, die auf andere zugehen können, den Kopf unter den Arm nehmen und um Verzeihung bitten können. Normale Heilige der Versöhnung: Sie werden von Jesus seliggesprochen, wenn er sagt: „Selig, die Frieden stiften, denn sie werden Kinder Gottes genannt werden.“ Ich sehe die Figur der hl. Nothelferin Katharina, der Patronin der Wissenschaft und Philosophie und denke an die vielen Frauen, die Außergewöhnliches in der Wissenschaft leisten, und als solche z. B. die Theologie und die Seelsorge in unserer Kirche und in den Gemein- den vorantreiben. S purensuche nach den H eiligen von heute (P redigt zu A llerheiligen 2020) Schließlich sehe ich die vie- len, vielen Engel in unserer Basilika, die da singen und tanzen und weinen und andere begleiten und für andere da sind. Sie können uns erinnern an die Engel in Menschengestalt, nicht selten ganz nah bei uns; womöglich sind wir selbst für andere so etwas wie ein Engel. Und all die vielen Heiligen und Engel unserer Tage: sie wollen, sie müssen gar nicht vom Papst selig oder heiliggesprochen werden. Es reicht ihnen wahrscheinlich, wenn wir sie bemerken und ihnen sagen, wie wichtig sie für uns sind, wie es in einem Gedicht von Petrus Ceelen heißt: „Manche Menschen wissen nicht, wie wichtig es ist, dass sie einfach da sind. / Manche Menschen wissen nicht, wie gut es tut, sie nur zu sehen. / Manche Menschen wissen nicht, wie tröstlich ihr gütiges Lächeln wirkt. / Manche Menschen wis- sen nicht, wie wohltuend ihre Nähe ist. / Manche Menschen wissen nicht, wie viel ärmer wir ohne sie wären. / Manche Menschen wissen nicht, dass sie ein Geschenk des Himmels sind. / Sie wüssten es, würden wir es ihnen sagen.“ P. Dietmar Z wei ( fast ) fertige B austellen an der B asilika An zwei Stellen der Basilika wurde in den Wochen von November und Dezember 2020 gearbeitet: Da ist zunächst unser Glockenprojekt. Nach- dem das neue Geläut sich zusammen mit den vorhandenen Glocken ja schon im November 2019 zur Einweihung wunderschön präsentiert hatte, standen immer noch verschiedene Arbei- ten zur Einjustierung der alten und neuen Glocken aus. Auf diese Weise sollte sichergestellt werden, dass das unterschiedliche Schwingungs- verhalten der Glocken sich nicht auf die gerade erst frisch restaurierten Türme auswirkt und sie im schlimmsten Fall beschädigt. Die beiden alten Glocken im Südturm wurden mit ausgleichenden Obergewichten versehen, die das Ausschwingen der Glocken erleichtern sollen. Für die neuen Glocken mussten genaue Läu- tewinkel und passende Klöppel errechnet und eingesetzt werden. Nachdem eine letzte Mes- sung im Dezember das von den Ingenieuren vorgegebene Ergebnis erzielt hat, konnten alle Glocken der erstellten Läuteordnung gemäß, das Weihnachtsfest einläuten. Die andere Baustelle betrifft die Restaurierung der Westfassade der Basilika, die schon seit dem Herbst 2019 im Gange ist. Als letztes wur- den in den zurückliegenden Monaten die großen Figuren erneuert, ebenso das Relief in der Fassa- denspitze.EszeigtdieErscheinungdesJesuskindes mit den vierzehn hl. Kindern vor dem Schäfer Hermann Leicht mit seinen Schafen. Große Teile dieses Reliefs mussten neu an der Fassade befestigt oder auch ganz erneuert werden. Wenn alles planmäßig läuft, können diese Arbeiten Anfang des Jahres 2021 abgeschlossen und anschließend das Gerüst an der Westfassade abgebaut werden. Eine große Anerkennung gebührt den Ingeni- euren, den Handwerkern, Restauratoren und besonders den Steinmetzen, die in akribischer Arbeit 200 Jahre alte Kunstwerke wieder zu neuem und hoffentlich dau- erhaftem Leben erweckt haben. Unser großer Dank gilt aber auch dem staatlichen Bau- amt Bamberg, das alle diese zum Teil sehr aufwendigen Arbeiten möglich gemacht, getragen bzw. durchgeführt hat, aufs Beste koordiniert von Frau Monika Dierauf.
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