Basilika Vierzehnheiligen | Nr. 57 / 29. Jhrg. 2022/2
15 14 Die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen bekam 1897 den Titel durch folgende Urkunde, deren lateinischer Text im Deutschen so lautet: Papst Leo XIII. Zum ewigen Gedächtnis Zu der Zahl jener Gotteshäuser, welche das christliche Volk wegen der Heiligkeit ihrer Reliquien oder wegen des Rufes der wunderbaren Gebetserhörungen oder wegen der uralten Verehrung „Gnadenstätten“ nennt, und zu welchen es namentlich in Zeiten all- gemeiner Gefahren oder Unfälle auch aus entfernten Gegenden fromm und ehrfürchtig zu pilgern pflegt, ist mit Recht der Tempel einzureihen, welcher der in den Himmel auf - genommenen jungfräulichen Gottesmutter und den 14 heiligen Nothelfern geweiht ist. Dieses Gotteshaus wurde auf einem Hügel, der bei der Stadt Staffelstein im Gebiete des Erzbistums Bamberg über dem Maintal emporragt, im Jahr des Herrn 1772 an der Stelle errichtet, wo bereits im Jahr 1448 eine öffentliche Kapelle zu Ehren derselben Heiligen Jungfrau Maria und der Vierzehn Nothelfer eingeweiht worden war. Dieser Tempel von gewaltiger Größe undmit hervorragendenKunstwerken geschmückt, wird von den Gläubigen fromm und heilig in Ehren gehalten und besucht, namentlich wegen der großen Wohltaten, welche sie dort von Gott eben durch Vermittlung und Verwendung der seligen Jungfrau und jener Heiligen empfangen haben. (…) Mit die- sem Gotteshaus ist auch ein Hospiz des Ordens der Minderbrüder des hl. Franziskus verbunden, dessen Obsorge schon seit langer Zeit diesen Vätern anvertraut wurde. Indem nun aber unser ehrwürdiger Bruder, der Erzbischof von Bamberg, alle diese Umstände bei sich erwog, stellte er durch die Wünsche und Bitten der Geistlichkeit und des Volkes veranlasst, an uns zum wiederholten Male das flehentliche Ansuchen, wir möchten das erwähnte Gotteshaus zum Rang einer „Basilika minor“ gnädig erhöhen. Wir aber dem Beispiel unserer Vorfahren folgend, die nichts unterließen, was zur Ehre Gottes, zum Heile der Seelen und zum Nutzen des Gottesdienstes beitragen konnte, verleihen mit diesem gegenwärtigen Schreiben kraft unserer apostolischen Vollmacht diesem Gotteshause, welches, wie oben mitgeteilt, der in den Himmel aufgenommenen allerseligsten Jungfrau Maria und den heiligen Vierzehn Nothelfern geweiht ist, den Rang und den Titel einer Basilika nebst allen Privilegien, Rechten und Auszeich - nungen, wie sie den Basiliken unserer erhabenen Stadt von Rechts wegen zustehen. (…) Gegeben zu Rom bei Sankt Peter unter dem Fischerring, den 2. September 1897, im 20. Jahre unseres Pontifikats. Gezeichnet von Aloisius Cardinal Macchi „Herzlichen Glückwunsch zu deinem Dop- peljubiläum“, sagte die kleine Kapelle beim Konradshof zur Basilika oben auf dem Berg. „Du hast dich gut gehalten, man sieht dir deine 250 Jahre, die du schon auf dem Buckel hast, ehrlich gesagt, gar nicht an.“ „Danke für deine Gratulation und das Kom- pliment“, erwiderte die Basilika, „so ein runder Geburtstag ist schon etwas Beson- deres, aber schau dir drüben die Stiftskirche von Kloster Banz an, die hat 2019 ihren 300. Geburtstag gefeiert und steht heute noch da wie eine Eins.“ „Die ist mir viel zu alt und außerdem zu weit weg“, sprach die kleine Kapelle, „aber wir zwei sind uns doch nah und gute Freun- dinnen, nicht wahr?“ „Na klar. Was meintest du denn vorhin mit Doppeljubiläum?“, fragte die Basilika neugie- rig zurück. „Im September 2022 sind es genau 250 Jahre – so erzählen die Touristen –, dass du nach 30-jähriger Bauzeit endlich fertiggestellt und feierlich eingeweiht wurdest. Und vor 125 Jahren hat man dir außerdem den Ehrentitel einer Basilika verliehen! Seither bist du total berühmt“, erklärte die kleine Kapelle feierlich. „Kann ich auch ein Basilikächen werden?“ „Sei froh, dass du nur eine ganz normale klei- ne Kirche bist. Was nützt dir so ein Titel ohne Mittel?“ entgegnete die Basilika. „Was ist denn eigentlich eine Basilika?“ fragte die kleine Kapelle schüchtern zurück. „Das kann ich dir auch nicht so genau erklä- ren“, gab die Basilika zu, „aber das hat mit dem Papst in Rom zu tun, der berühmte Got- teshäuser, in denen ausgiebig gebetet wird, zu seinen Lieblingskirchen ernennt.“ „Ach so. War denn der Papst schon einmal da, um dich persönlich kennen zu lernen?“ wollte die kleine Kapelle wissen. „Ich kann mich zumindest nicht daran erin- nern“, gab die Basilika zu, „in meinem Alter wird man schon etwas vergesslich. Aber ich erinnere mich, dass bei den Wallfahrern drei- mal ein deutscher Kaiser dabei war, der mich bewunderte, und neulich eine bayerische Bierkönigin“. „Ich freue mich immer, wenn Kinder zu mir kommen und sich darüber freuen, dass die große Kirche da oben auch eine kleine Schwester da unten hat“, kicherte die kleine Kapelle. „Neulich hat ein Kind gesungen: Froh zu sein bedarf es wenig, und wer froh ist, ist ein König!“ „Na siehste“, schmunzelte die Basilika, „das habe ich dir doch gleich gesagt. Lass uns zusammenhalten, denn gemeinsam sind wir bedeutend und unschlagbar, egal, was die Leute über uns denken.“ P. Maximilian Wagner D ie kleine K apelle
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