Basilika Vierzehnheiligen | Nr. 57 / 29. Jhrg. 2022/2
6 7 Glücklicherweise sind im Staatsarchiv Bamberg einige Dokumente erhalten, die außerordentlich genau darüber berichten. Nach einer 30-jährigen Bauzeit gab es allen Grund zu feiern und man verstand es, das besondere Ereignis im höfischen Zeremoniell des Spätbarocks würdig zu inszenieren und kostspielig zu feiern. Über vier Stunden dau- erte allein die Weihezeremonie. Der Fürstbischof von Würzburg und Bamberg, Adam Friedrich Graf von Seins- heim, war schon einige Tage zuvor mit großem Gefolge von 70 Personen ange- reist, gönnte sich mit der Coburger Her zogsfamilie zwei Hirschjagden und ließ sich im Kloster Langheim gut versorgen. Am Montag, den 14.09.1772 fand die Kon- sekration der neuen Wallfahrtskirche statt. Gegen 8.30 Uhr holten die beiden Weih- bischöfe aus Würzburg und Bamberg und die beiden Äbte von Kloster Langheim und Kloster Banz den Fürstbischof am Por- tal der Propstei ab und geleiteten ihn zum Gotteshaus. Unter Böllerschüssen, festlichem Glocken- geläut, Trommelwirbel und Fanfaren von Pauken und Trompeten begleitet setzte sich eine prachtvolle Prozession dreimal um die Kirche in Bewegung, an der außer dem Fürstbischof die beiden Weihbischöfe, sämt- liche Zisterzienser von Kloster Langheim mit ihrem Abt Malachias Limmer und mehrere Benediktiner von Kloster Banz mit ihrem Abt Valerius Molitor, sowie zahlreiche ade- lige Würdenträger und Regierungsvertreter teilnahmen. Viel gläubiges Volk und einige Schaulustige warteten draußen vor dem W ie feierte man 1772 die K irchweihe der W allfahrtskirche ? Gebäude und beobachteten alles genau und ehrfürchtig. Während der Prozession wurden die Außen- mauern abwechselnd vom Fürstbischof und den beiden Weihbischöfen kräftig mit Weih- wasser besprengt. Der Bischof klopfte mit seinem Stab bei jeder Runde an das verschlos- sene Hauptportal, das sich beim dritten Mal öffnete. Er bezeichnete die Türschwelle mit dem Kreuz, um den Teufel und alle bösen Mächte für immer von diesem Gnadenort zu vertreiben. Während das Volk vor dem Gebäude war- tete, wurden im Innern der Kirche festgelegte Rituale mit geweihter Asche, Salz, Wein und Weihwasser vollzogen, wie sie das Hofdiari- um vorschrieb und das Buch „Einweyhung“ von 1772 genau erklärte. Neben dem Kirchenportal hatte man eine behelfsmäßige Kapelle errichtet, in der die Reliquien für die Altäre aufbewahrt wurden. Bei vollem Glockengeläut begleitete die hohe Geistlichkeit diese in einer weiteren Prozes- sion um die Kirche. Es folgte eine kurze und erhebende Predigt, die von der Kanzel aus der Regens des Bamberger Priesterseminars hielt. Jetzt endlich durften auch die Gläubigen in die Wallfahrtskirche einziehen, um die Salbung der Altäre mitzuerleben. Der Fürstbischof weihte den Hochaltar und feierte dort dann die hl. Messe, während unterdessen die beiden Weihbischöfe den Georgs- und Blasiusaltar konsekrierten und ebenfalls dort das Messopfer darbrachten. Während des Gottesdienstes ließ die Hofkapelle Kantaten und Symphonien erklingen. Die drei Altäre des Gnadenaltars und die beiden Vierungsäl- täre, die dem hl. Bernhard von Clairvaux und dem hl. Malachias geweiht waren, weihte der Bamberger Weihbischof erst einen Tag später. Übrigens war geheim auch der evangelische Herzog Josias von Coburg mit Familie und Gefolge in drei Kutschen angereist, der die Weihehandlung zuerst vom oberen Geschoss des Wirtshauses und dann vom Oratorium des Hochchors aus mitverfolgte. Der andachtsvollen Kirchweihe der Wall- fahrtskirche Vierzehnheiligen schlossen sich in Kloster Langheim prunkvolle Festlichkeiten von mehreren Tagen an, an denen 500 Gäste teilnahmen: der Fürstbischof mit seinem Hof- staat samt zwei Kompanien Soldaten, nahezu alle Adeligen, Pfarrherren, Regierungsbeam- te und sonstige Autoritäten der Umgebung. Mit hohem Aufwand wurde für diese Fest- tage extra das fürstbischöfliche Schlafzimmer in den Gästezimmern der Abtei neu einge- richtet, die Anzahl des Silberbestecks ergänzt und ein Silbergeschirr aus Augsburg und ein Porzellanservice aus Meißen extra neu angeschafft. Man speiste an getrennten Tafeln für Die- ner, Offizianten, militärische Befehlshaber und Fürsten. Die Bamberger Hofkapelle mit Orchester und Chor sorgte für festliche Tafel- musik. Auch Langheimer Mönche führten kammermusikalische Stücke auf, bei denen drei meisterhaft auf dem Horn, der Trompe- te und der Violine begeisterten. Die Ausgaben für diese Feste beliefen sich angeblich auf mehr als 16.000 fränkische Gulden, ein Betrag, der etwa 12 % der Gesamtbaukosten der neuen Wallfahrtskir- che entspräche. Kloster Langheim wollte mit den erlesenen Festen beeindrucken und ein Gegengewicht zur bischöflichen Überlegenheit bei der Weihezeremo- nie schaffen, und ließ sich das eben bewusst einiges kosten. (Quelle: Peter Ruderich, Die Wallfahrtskirche Mariä Him- melfahrt zu Vierzehnheiligen. Eine Baumonographie, Bam- berg 2000, S. 308-312
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