Im Land des Herrn | 74. Jahrgang | 2020 - 1
1/2020 13 Geißelungssäule Geißelungssäule Der Pilger Theoderich kennt das Haus des Kaja- phas und das Prätorium, wo Jesus verurteilt wur- de, vor der Zionskirche. Dort befand sich zu seiner Zeit die Salvator-Kirche, in der ein großes Stück der Säule verehrt wurde, an die Jesus gebun- den wurde, nachdem er von Pilatus zur Geiße- lung verurteilt worden war. Theoderich berichtet auch von Resten einer weiteren Säule, die in der Grabeskirche verehrt wurde, und zwar im Süd- westen des Chorumgangs der Kreuzfahrerkirche. Sie befände sich unter einem Altar. Das bestätigt der isländische Pilger Abt Nikolaus (um 1150). Er spricht über dieselbe Säule, östlich vom Hoch altar, und erwähnt dort auch einen „Sitz“, auf dem Jesus nach seiner Dornenkrönung gesessen sei. Der unbekannte Autor der Lebensbeschreibung Gottfrieds von Bouillon berichtet, dieser „Sitz“ habe die Form einer Marmorsäule gehabt und sei in einer Kapelle des Chorumgangs gestanden, hinter dem Sitz des Patriarchen im Chorraum. Nach diesem Text lehnte Gottfried, der Anführer der Kreuzfahrer bei der Eroberung Jerusalems (1099), es ab, sich zum König Jerusalems krönen zu lassen, nachdem er diese Säule gesehen habe, denn Jesus war hier mit Dornen gekrönt worden. Ein detailliertes Zeugnis über den Verbleib der Säule vom Zion stammt von Bonifatius von Ragusa (Dubrovnik), Kustos des Heiligen Landes 1551–1560 und noch einmal 1562–1564 (1551 wurden die Franziskaner aus dem Abendmahls- saal und vom Zion vertrieben). Er beschreibt, die Säule gehörte zur Zionskirche und wurde von den Christen als Geißelungssäule verehrt, auch nachdem diese Kirche nach dem Ende der Kreuzfahrerzeit zerstört war. Die Türken zer- schlugen die Säule 1558 in Stücke, aber die „Pat- res vom Zion“ (die Franziskaner) konnten Teile davon bergen. Ein großes Stück davon sandten sie nach Rom (in die Kirche Santa Prassede). Einen anderen Teil brachten sie in die Grabeskir- che und stellten sie in der Erscheinungskapelle, links vom Hochaltar, auf. Ein weiterer Teil blieb zunächst, in kleine Stücke zerbrochen, auf dem Zion, in der Thomaskapelle. Von dort konnte Geißelung Jesu, Keramik in der armenisch-orthodoxen Kathedrale Jerusalem. © Petrus Schüler
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