Im Land des Herrn | 74. Jahrgang | 2020 - 1

1/2020 15 Bonifatius weitere Teile einsammeln und sand- te sie als Reliquien an Papst Paul IV., an Kaiser Ferdinand, an König Philipp von Spanien, an die Republik Venedig (an den Markusdom) und schließlich in seine Heimat, die Republik Dub- rovnik. – Es sei hier nicht eingegangen auf das Problem, dass das Säulenstück aus der Grabes- kirche dem aus S. Prassede, Rom, nicht ähnelt. Ob nun Jesus während seiner Geißelung an eine Säule gefesselt war oder nicht, diese Säule ist nicht die einzige, die im Heiligen Land die Erinnerung an Ereignisse aus den Evangelien bewahrt. Ein weiteres Beispiel sei genannt: die „Säule des Judaskusses“, in einer Nische hin- ter dem Garten Getsemani, in der Gasse, die auf den Ölberg führt. Diese befand sich bis zum Neubau der Getsemani-Basilika in der Ruine der Kreuzfahrerkirche, dort, wo sich heute die Todesangst-Basilika (die „Kirche der Nationen“) erhebt. Sie wird besonders von den orthodoxen Christen verehrt und wurde 1919 auf Geheiß des damaligen Kustos vor dem Bau der katho- lischen Getsemani-Kirche an ihren heutigen Ort gebracht, gegenüber vom Eingang der rus- sisch-orthodoxen Magdalenkirche. Die Franziskaner hielten die antike Verehrung der Geißelung Jesu stets aufrecht, zunächst auf dem Zion, nach ihrer Vertreibung von dort in der Grabeskirche. Bis heute fängt die nachmit- tägliche Prozession der Franziskaner in der Gra- beskirche an der Geißelungssäule an, wo sie den Hymnus Salve, columna nobilis singen, „Du hehre Säule, sei gegrüßt“. Auch an der zweiten Säule in der Grabeskirche, die der griechisch-orthodoxen, halten sie inne und verehren dort die Verspottung Jesu (die „Improperien“) und seine Dornenkrö- nung, bevor sie von dort auf Golgota steigen. Sowohl die Geißelungssäule als auch die der „Improperien“ sind altehrwürdige Zeugnisse für die christliche Verehrung nicht in erster Linie von Steinen, sondern von Ereignissen aus der Heils- geschichte. Sie haben einen hohen Symbolwert, sie erinnern uns an das Leiden des Sohnes Gottes während seiner Passion in Jerusalem. Die Tatsache, dass sie sich in der Grabes- und Auferstehungskir- che befinden, schlagen den Bogen dazu, dass das Leiden Jesu und sein Tod am Kreuz nicht das Ende sind, sondern dass Jesus auferstanden ist und lebt. Die (leicht gekürzte) Übersetzung aus dem Maltesischen besorgte Gregor Geiger ofm. Geißelungssäule Geißelungssäule Säule in der griechisch-orthodoxen Kapelle der Grabeskirche.  © Petrus Schüler

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