Im Land des Herrn | 74. Jahrgang | 2020 - 1

IM LAND DES HERRN 38 1/2020 von Soldaten, er kam nur mit einem geliebten Minderbruder, dem Bruder Illuminatus, genau- so arm wie er. Der Sultan erkannte, um was es sich handelte. Der tugendhaft und „mit einem glänzenden und schönen Gesicht“ diesmal kam, war der christliche Mönch Franziskus, von sei- nem Glauben überzeugt, so wie Mohammed in Jahr 630. Daher lehnte er die Feuerprobe ab; für al-Kāmil war der Mann vor ihm ein wahrer Gläubiger. Nach den christlichen Quellen bat er darum, ein gemeinsames Gebet zu sprechen. Sie beteten füreinander und verabschiedeten sich im Frieden. Der Sultan ließ die Brüder gehen. Sie konnten bestimmt nicht alles verstehen, da sie die Erzählung von der Delegation aus Naŷrān nicht kannten. Das Verdienst, dass diese Begegnung stattfand und gut endete, wird normalerweise Franziskus zugeschrieben, als ob al-Kāmil nur Zuschauer gewesen wäre. Aber der Sultan nahm Franziskus auf; er setzte damit seine eigene Glaubwürdig- keit gegenüber seinem Gefolge aufs Spiel. Er hör- te ihm zu und wollte ihn mit wertvollen Gaben beschenken, die der Poverello aber ablehnte. Der Sultan erkannte in ihm einen wahren Gläubigen und einen von Gott Geliebten. Er bewahrte ihn vor dem Ordal und ließ ihn im Frieden heimgehen. Diese außergewöhnliche Begegnung hinterließ Spuren im Leben des heiligen Franziskus. Er war von dem tiefen Glauben und den Friedens- bemühungen des Sultans überzeugt. Sie ver- änderte seine Ansicht über die Muslime so weit, dass er 1221 ein Kapitel „Von denen, die unter die Sarazenen und andere Ungläubige gehen“ in die Regel einfügte. Er wollte seine Mitbrüder dazu ermahnen, unter den Muslimen im Frieden zu leben. Vor 800 Jahren fand diese Begegnung zweier Gläubiger, einem Christen und einem Muslim statt. Es waren zwei freie Menschen, die sich gegenseitig respektierten und das Wirken Gottes gemeinsam erkannten. Es ist ein vorbildlicher Präzedenzfall zum Friedenstiften. Die Übersetzung besorgte Joaquin Garay OFM. IM LAND DES HERRN Franziskanische Zeitschrift für das Heilige Land 74. Jahrgang 2020 • Nr. 1 Herausgeber: Die Kommissariate des Heiligen Landes im deutschen Sprachraum. Redaktion für Deutschland: Fr. Petrus Schüler OFM, Sankt-Anna-Straße 19, D-80538 München E-Mail: bruderpetrus@franziskaner.de Druck: Print Alliance HAV Produktions GmbH, A-2540 Bad Vöslau, www.printalliance.at Für die Kommissariate des Heiligen Landes ist Nachhaltigkeit ein wichtiger Maßstab unseres Han- delns. Deshalb achten wir auch bei der Herstellung dieser Zeitschrift ganz besonders auf umwelt- freundliche, ressourcenschonende und schadstoff- freie Produktionsweisen und Materialien. Das Papier stammt aus ökologischer, ökonomischer und sozial nachhaltig bewirtschafteten Wäldern. Für die Druckproduktion wurden nur erneuerbare Ener- gien und reine Pflanzenölfarben verwendet. Fotos: Redaktionsarchiv, wenn nicht anders ange- geben. „Im Land des Herrn” erscheint viermal im Jahr und wird den Freunden und Förderern kostenlos zu­ gestellt. Die Zeitschrift kann bei den u. a. Kommis­ sariaten bestellt werden. Für Spenden sind wir sehr dankbar. Anschriften und Konten der einzelnen Kommissariate: Kommissariat des Heiligen Landes München: D-80538 München, St.-Anna-Str. 19 IBAN: DE24 4726 0307 0055 0504 00 BIC: GENODEM1BCK Generalkommissariat des Heiligen Landes Wien: A-1010 Wien, Franziskanerplatz 4 IBAN: AT50 6000 0000 0193 9833 BIC: OPRKATWW Kommissariat des Heiligen Landes Schweiz: Franziskanerkloster Mariaburg CH-8752 Näfels/Kanton Glarus PC-Näfels 89-87 4592-8 IBAN: CH30 0900 0000 8987 4592 8 Copyright © Kommissariat des Hl. Landes, München Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Ab­ druckes einer Übersetzung, oder der Reproduktion einer Abbildung, vorbehalten.

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