Im Land des Herrn | 74. Jahrgang | 2020 - 1
IM LAND DES HERRN 8 1/2020 Der (spätere) jüdische Kalender Der jüdische Kalender ist „luni-solar“, das heißt, Mondphasen und Sonnenstand werden in Ein- klang gebracht. Das erreicht man dadurch, dass in Schaltjahren ein zusätzlicher Monat einge- schoben wird. Das jüdische Jahr 5779, das am 29. September 2019 zu Ende gegangen ist, war bei- spielsweise so ein Schaltjahr. Heute basiert das jüdische Jahr nicht auf der Beobachtung von Mondphasen und Sonnen- stand, sondern es wird berechnet. Wir wis- sen nicht, wann diese Form des Kalenders in Gebrauch kam. Nach jüdischer Tradition wird sie Hillel II. zugeschrieben (Mitte des 4. Jh. n. Chr.), sie ist aber erst zur Zeit des Maimonides (12. Jh.) sicher nachweisbar. Auf alle Fälle wurde er Jahr- hunderte nach der Zeit Jesu eingeführt und wohl nicht in allen weit verstreuten jüdischen Gemeinden gleichzeitig. Nach diesem Kalender können die Monate 29 oder 30 Tage lang sein (eine Mondphase beträgt etwa 29,5 Tage). Die Längen der meisten Monate sind festgelegt, die von zwei Monaten im Herbst variieren nach einem vorgegebenen Schema. In 19 Jahren gibt es einen festen Zyklus von sieben Schaltjahren, in welchen vor dem Frühlings- und Pesach-Monat Nisan der zusätzliche Monat eingeschoben wird. Allerdings folgt der jüdische Monat nicht immer dem tatsächlich sichtbaren Mond, sondern es gibt Verschiebungen, um beispielsweise zu ver- meiden, dass Pesach oder der Versöhnungstag Jom Kippur auf Freitag oder auf Sonntag fällt, dass also diese Feste unmittelbar vor oder nach dem Sabbat kommen. Aus dem eben Gesagten wird deutlich, dass die Zeitangabe der Synoptiker, Pesach am Freitag, nach dem heutigen jüdischen Kalender unmög- lich wäre. Das nun ist aber kein Argument gegen die Datumsangabe der Synoptiker. Diese Ver- schiebungen waren damals nicht in Gebrauch und, vor allem, der Kalender beruhte nicht auf Berechnung (wozu man in der Antike durchaus schon fähig war), sondern auf der Beobachtung des Mondes und der Jahreszeiten. Grab des Maimonides in Tiberias. © Petrus Schüler
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