Im Land des Herrn | 74. Jahrgang | 2020 - 3

3/2020 29 seit dem Mamlukensultan Baibars hüteten die Muslime eifersüchtig die Gruft der Patriarchen und ihrer Frauen als eine ihrer heiligsten Stät- ten. Hebron wurde für die Araber die Stadt des Gottesfreundes Abraham schlechthin und hieß nach ihm al-Chalil („der Freund“). Allen Nicht-Muslimen war seit dem Mittelalter der Zutritt verwehrt. Nach der Vertreibung der Juden aus Spanien ließen sich im 16. Jahrhun- dert einige jüdische Familien in der Nähe der Patriarchengräber nieder. Hebron wurde neben Jerusalem, Tiberias (Redaktion des Talmud) und Safed ( jüdische Mystik) eine der vier Heiligen Städte des Judentums. Infolge der jüdischen Einwanderung um 1900 erhielten sie Zuzug, was 1929 zu schweren Ausschreitungen führte, bei denen 67 Juden das Leben verloren. Um weite- ren Unruhen vorzubeugen, verboten die Briten 1936 die Ansiedlung von Juden in Hebron. Seit dem Sechs-Tage-Krieg 1967 haben Juden wieder in der Stadt Fuß gefasst. Haram al-Chalil ist der arabische Name des Heiligtums über den Patriarchen- und Matri- archengräbern – das Wort Harám (was nichts anderes ist als das eingedeutschte Wort Harem ) bezeichnet keineswegs bloß die Frauenge- mächer, sondern den umfriedeten, unantast­ baren Privatbereich, in diesem Fall den heili- gen Bereich des (Gottes-)Freundes , Abrahams. Die konfliktgeladene Gegenwart täusche nicht darüber hinweg, dass es sich hierbei um einen der bedeutendsten Orte des Heiligen Lan- des handelt, sowohl historisch – es ist das mit Abstand am besten erhaltene Gebäude aus der herodianischen Zeit – als auch religiös: Seit über 2000 Jahren verehren Kinder Abrahams diesen Ort. Dass es unter Geschwistern zu Konflikten, ja zu Bruderkriegen kommt, bleibt traurige Reali- tät (vgl. Gen 4,1–16). In den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahr- hunderts beteten Juden und Muslime im glei- chen Raum, nicht miteinander, aber immerhin nebeneinander. Das änderte sich am 25. Februar 1994, als der israelische Militärarzt Baruch Gold- stein während des Morgengebets im Ramadan auf die Menge der betenden Muslime schoss, 29 Menschen tötete und viele verletzte. Er selbst wurde überwältigt und erschlagen. Die große Mehrheit der Israelis einschließlich der israeli- schen Regierung verurteilten die Tat, von einer kleinen radikalen Gruppe von Siedlern wird er bis heute als Märtyrer verehrt. Als Folge die- ser Tat wurden die Bereiche des Komplexes, in denen Muslime und Juden beten, voneinander getrennt; sie sind heute durch zwei verschiede- ne Eingänge zu erreichen. Juden (mit Ausnah- me israelischer Soldaten) ist der Zugang zu den muslimischen Teilen verwehrt, Muslimen der zu den jüdischen. Christliche Besucher (nicht aber christliche Araber) können beide Teile besu- chen, nach umfangreichen Sicherheitskontrol- len und nicht an Freitagen, an Samstagen und an Feiertagen einer der Religionen. In den muslimischen Teil kommt man über eine Treppe an der Westecke des Komplexes, hinter einem militärischem Kontrollpunkt. Auf Hebron Hebron Muslimische Frauen beim Gebet in der Moschee.  © Petrus Schüler

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