Im Land des Herrn | 74. Jahrgang | 2020 - 3

IM LAND DES HERRN 32 3/2020 (rechts) und seiner Frau Rebekka aus dem Jahr 1332. Kunstvoll sind auch die Gebetsnische und die Kanzel, die Saladin 1191 gestiftet haben soll; über ihr wirkliches Alter gehen die Meinungen auseinander. Dem Eingang gegenüber, in der Ostecke des Rau- mes, sieht man in der Wand eine griechische Inschrift aus byzantinischer Zeit; sie lautet: „Hei- liger Abraham, hilf deinem Diener Nilos, dem Marmor(-Arbeiter), und dem Agathemeros und der Hygia und dem Omabis und der Thomasia und dem Abdallah (!) und der Anastasia.“ In den jüdischen Teil kommt man vom großen freien Platz südlich des Komplexes. Von hier aus hat man den besten Blick auf das ganze Gebäude und kann das Ebenmaß des riesigen, harmonischen Baus bewundern. An der südöst- lichen Außenwand liegt der Seventh Step Gar- den , „Siebter-Stufen-Garten“. Er erinnert an die Siebte Stufe der ehemaligen dortigen Eingangs­ treppe. Bis zu dieser Stufe war es in der osmani- schen Zeit, vielleicht schon früher, den Juden erlaubt, sich den Patriarchengräbern zu nähern – sie liegt nahe am verschlossenen Eingang zur Machpelahöhle im Innern der Moschee. Bald nachdem Israel die Kontrolle über Hebron gewonnen hatte, 1969, wurde die Treppe mit- samt dieser Stufe als Symbol jüdischer Demü- tigung entfernt. An der Südwestwand des hero- dianischen Baus sieht man den Eingang zu einer Höhle, der eine Vorstellung gibt, wie die Grabhöhle zur Zeit der Patriarchen ausgesehen haben könnte. Nach Sicherheitskontrollen gelangt man über Treppen ins Innere. Von einem Vorraum aus kommt man durch einen Durchgang in der herodianischen Mauer in einen Gang, der sich nach rechts wendet. Bald sieht man zur Rech- ten einen weiteren Durchgang, wahrscheinlich der ursprüngliche Haupteingang der herodia- nischen Anlage. Im Raum hinter diesem Durch- gang steht ein Kenotaph, nach muslimischer Tradition das Grab Josefs. Josef ist nach der Bibel bei Sichem am Jakobsbrunnen begraben (Jos 24,32). Doch der alte biblische Name für Hebron, Kirjat-Arba (Gen 23,2), wörtlich „Stadt der Vier“, scheint vier Stammväter zu erfor- dern. Man behalf sich im Altertum mit einem Grab des Vaters der Menschheit, Adam, der aber nach anderer jüdischer wie christlicher Legen- de in Jerusalem begraben sein soll. Die Muslime teilten, gegen die biblische Überlieferung, ein zusätzliches viertes Grab dem Josef zu. Nach links kommt man in einen Hof. Von diesem aus geht es nach rechts in eine kleine Synagoge, die im früheren Vorraum der Moschee einge- richtet wurde. Von hier aus sieht man das Herz der ganzen Anlage, die Grabmäler Abrahams und seiner Frau Sara. Auf der gegenüberliegen- den Seite des Hofes schließlich befinden sich die Kenotaphe von Jakob und Lea. Der Besuch dieses wahrhaft ehrwürdigen Ortes lädt ein, davon zu träumen und dafür zu beten, dass es den Kindern Abrahams irgendwie gelin- gen möge, religiöse (und politische!) Spannungen zu überwinden und zurückzufinden zu gegensei- tiger Achtung und Toleranz, die es imVerlauf der Geschichte durchaus auch gegeben hat. Mamre gilt der Bibel als der eigentliche Auf- enthaltsort Abrahams in Kanaan und übertrifft Juden beim Gebet an der „Siebten Stufe“.  © Petrus Schüler

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=