Im Land des Herrn | 74. Jahrgang | 2020 - 3
3/2020 37 Hebron Hebron Angenommener Platz der Abrahamseiche in Mamre. © Petrus Schüler Kirche (9 auf 13 m). Überraschend war der Fund einer Marmorstatue des Gottes Dionysos (in der Gegend von Hebron wird bis heute Wein ange- baut!) und eines Altares unter freiem Himmel mit dem Namen des edomitischen Gottes Qos. Man kann diese Funde so erklären, dass Herodes der Große, der selbst ein Idumäer war, für den Gott der Edomiter eine Verehrungsstätte erbau- te. Die Edomiter und späteren Idumäer galten als Abkömmlinge Esaus (Gen 36,1–8) und verstan- den sich somit ebenfalls als Söhne Abrahams. Die Anlage wurde beim Ersten Jüdischen Aufstand (66–70 n. Chr.) stark in Mitleidenschaft gezogen, Kaiser Hadrian ließ sie wieder aufbauen. Nach alten Kirchenschriftstellern gab es zu jener Zeit hier einen jährlichen großen Markt, um jüdische Gefangene in die Sklaverei zu verkaufen. Kaiser Hadrian wird also an der überlieferten Abra- hamsgedenkstätte ein Dionysosheiligtum einge- richtet haben – wie am Geburtsort Christi in Bet- lehem einen Adonishain. Der Pilger von Bordeaux (333 n. Chr.) weiß aber bereits zu berichten: Wo Abraham wohnte, unter dem Terebinthen- baum einen Brunnen grub, mit den Engeln rede- te und Speise zu sich nahm, ist auf Befehl Kons- tantins eine Basilika von wunderbarer Schönheit errichtet worden. Da diesem Pilger Übertreibungen fremd sind, muss die konstantinische Kirche verloren gegan- gen sein. Tatsächlich halten die Archäologen nur die Apsis für byzantinisch. Aufschlussreich ist auch der Bericht des Kirchengeschichtlers Sozo- menos († um 450): Dort (in Mamre) begehen noch heute die Ein- heimischen und die weiter entfernt wohnenden Palästinenser, Phönizier und Araber alljährlich zur Sommerszeit ein prächtiges Fest … Allen ist das Fest sehr wichtig, den Juden, weil sie sich Abrahams als ihres Stammvaters rühmen, den Griechen wegen der Ankunft der Engel, den Christen, weil schon damals dem gottesfürchti- gen Mann derselbe erschien, der viel später zur Erlösung des Menschengeschlechts sich selbst durch die Jungfrau offenbar werden ließ. Je nach den Religionen ehren sie diesen Platz. Die literarische Überlieferung wie die archäo- logischen Funde zeigen also eine interessan- te Geschichte des Ortes seit Herodes auf, ohne damit die zweifellos vorhandene jüdische Erin- nerung auszuschließen, die ursprünglich außer
RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=