Im Land des Herrn | 74. Jahrgang | 2020 - 4

4/2020 9 Rücksicht auf die in der Obödienz enthaltenen Klauseln abgeschlagen“. B r ud e r Jo s e ph S c hwa i b e rge r s t a r b am 21. November 1747 im Alter von 77 Jahren. 54 Jahre hatte er dem Orden des heiligen Fran­ ziskus angehört. Im Totenbuch der Bayerischen Franziskanerprovinz lesen wir über ihn folgende kurze Würdigung: „Frater Joseph Schwaiberger von Freising, Jubilar, Laienbruder, von ehrwür- digem Aussehen, ein Spiegel aller Tugenden, war im Heiligen Lande.“ Joseph Schwaibergers Aufzeichnungen über seine Reise ins Heilige Land Bruder Joseph Schwaiberger hinterließ zwei handschriftliche Werke, die ursprünglich in der Klosterbibliothek der Münchner Franziskaner aufbewahrt wurden, die aber seit der Säkularisa­ tion in der Bayerischen Staatsbibliothek München liegen. Das eine Werk besteht aus zwölf Bänden und wurde von Bruder Joseph in den Jahren 1697 bis 1743 geschrieben (Signatur Cgm. 4331,1–12). Es enthält Bibelzitate, Auszüge aus Schriften der Kirchenväter, Mystiker und anderer geistlicher Schriftsteller und eigene Gedanken, Gebete und Gedichte. Er verwendete diese Bücher für die persönliche Erbauung und Betrachtung. Von großem Wert ist „Joseph Schwaiberger’s (Franciscaner-Laienbruders) geistliches Anden- ken an die Reise nach Jerusalem“, das er 1730 vollendet hat. Diese stattliche Papierhandschrift in Quartformat umfasst 376 Blätter (II Blatt, 747 Seiten mit kleineren Zählfehlern) und trägt die Signatur Cgm. 2968. Der genaue Titel lautet: „Geistliches || Angedenckhen || Jch wüll alle meine Jahr gedenckhen in bütter=||keit meiner Seellen. Jsaiae. Cap: 48.|| So gedenckhe nun wie du empfangen, vnnd || gehört. Halts, vnnd thue buess. Apocal: 3.tio || Sueche offt ein gelegen- heit dich selbsten zuerforshen,|| vnnd gedenckh maniges mall der guetthatten || Gottes. Thomas Kemp: lib: 1. c. 2.|| Derendwegen aber Zusamb geschriben, das || man bereue die vergangene Zeit, ver=|| bessere die gegenwerdige, vnnd mit sorg || gedenckhe auf die Zuekünfftige.|| ANNO DOMINI || M:DCC:CCC: || Per || F:I:S:F:L:P:B:“|| Im ersten Teil seines Werkes schildert Bruder Joseph sein Leben und seinen Eintritt in den Franziskanerorden. Dann folgt auf den Seiten 17 bis 714 der eigentliche Reisebericht ins Heilige Land, der in sechs Teile gegliedert ist und jeweils 17 bis 28 Kapitel umfasst. Abgeschlossen wird das beachtliche Werk mit hundert geistlichen Sprü­ chen und Zitaten, einem Inhaltsverzeichnis und einem Register. Zwei schlichte lavierte Feder­ zeichnungen schmücken die Handschrift. Der Laienbruder Joseph hatte keine große Schulbildung genossen. Doch konnte er lesen und schreiben, was in der damaligen Zeit keine Selbstverständlichkeit war. Seine Handschrift – eine barocke Kurrentschrift – ist, abgesehen von ein paar Kleinigkeiten, gut lesbar. Der Stil ist einfach, manchmal etwas weitschweifend. Nicht zu überhören ist die bairische Herkunft des Verfassers. Hier seien nur ein paar Beispiele genannt: bergangen (vergangen), browieren (pro- bieren), ebig (ewig), nagend (nahend), brinnen (brennen), Towackh (Tabak), das Ort (der Ort), kniegen (knien), Stapff (Staffel, Stufe), Badter (Pater). Auch Latein war ihm nicht besonders geläufig: Diactum (Diakon), Supdiactum (Sub- diakon), Teum ladamus (Te deum laudamus). Ebenso ist es mit den Orts- und Personennamen, die er nach dem Gehör niederschreibt. Doch all das darf man dem frommen und bescheide­ nen Mann nicht ankreiden, es sind nur Äußer­ lichkeiten und tun dem Inhalt keinen Abbruch. Er hat ja sein Buch nicht für die Öffentlichkeit geschrieben, sondern nur für sich ganz allein zur Erinnerung und Erbauung. Bei der Niederschrift stützt sich Bruder Joseph auf seine Erinnerungen und sicher auch auf Notizen oder Tagebuchaufzeichnungen. Zur Ergänzung benutzt er auch Bücher, wenn er etwa auf die Baugeschichte der Grabeskirche ein­ geht, die verschiedenen christlichen Kirchen, den Islam und das Leben Mohammeds kritisch Pilgerreise Pilgerreise

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