Im Land des Herrn | 75. Jahrgang | 2021 - 1

1/2021 13 weiterer Kapellen, alle bis vor Kurzem unzugänglich im Sperr- und Minengebiet, zur Linken das Grundstück der Armenier, rechts neben der Straße die 1935 gebaute und nach dem Erdbeben von 1956 reno- vierte Kapelle der Franziskaner, südlich davon (von der Straße aus nicht erkenn- bar) die Kapellen der Syrer, der Kopten, der Russisch-Orthodoxen, der Äthiopier und der Rumänisch-Orthodoxen. Direkt am Jordan liegt der Ort, der ara- bisch al-Maghtas , „Taufort “, heißt , da hier nachweislich seit dem 6. Jh. (nach der Darstellung auf der Madabakarte) die Erinnerung an die Taufe Jesu gepflegt wurde. Möglicherweise wurde damals die Tauferinnerungsstätte auf diese Seite des Jordans verlegt, weil sie leichter als die Ostseite zu erreichen war. Hier gibt es heute einen Gottesdienstplatz, der von den Griechisch-Orthodoxen benutzt wird, und den kleinen überdachten Frei- altar der Franziskaner. Wer sich den Jordan als „Fluss“ vorstellt und ihn mit euro- päischen Flüssen vergleicht, wird enttäuscht sein. Man würde dieses Gewässer im Deutschen eher als Bach bezeichnen, zumal in den trocke- nen Monaten. Wäre es erlaubt, könnte man das kaum 5 m breite Gewässer problemlos durch- waten. Zu dieser Enttäuschung kommt die schlechte Wasserqualität hinzu, da der Jordan die oft nur unzureichend geklärten Abwässer der gesamten Jordansenke enthält. Etwas bes- ser ist es in den regenreicherenWintermonaten. Dann führt der Fluss zwar mehr Wasser, dieses ist aber braun durch die Erde, die er mit sich schwemmt. – Wir lesen bei Matthäus: „Zu die- ser Zeit kam Jesus von Galiläa an den Jordan zu Johannes, um sich von ihm taufen zu las- sen. Johannes aber wollte es nicht zulassen und sagte zu ihm: Ich müsste von dir getauft wer- den und du kommst zu mir? Jesus antwortete ihm: Lass es nur zu! Denn nur so können wir die Gerechtigkeit ganz erfüllen. Da gab Johan- nes nach. Als Jesus getauft war, stieg er sogleich aus dem Wasser herauf. Und siehe, da öffnete sich der Himmel und er sah den Geist Gottes wie eine Taube auf sich herabkommen. Und siehe, eine Stimme aus dem Himmel sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe.“ (Mt 3,13–17) Aus dem Johannesevangelium ist noch ein anderer Taufort bekannt: Änon bei Salim. Es ist aber bei allen vier Evangelisten klar, dass die Taufe Jesu nicht dort erfolgte, sondern in der Wüste (Mk 1,4, Lk 3,2), bei Matthäus sogar aus- drücklich in der Wüste von Judäa (Mt 3,1). Der vierte Evangelist nennt auch einen Ort dafür: „Betanien, auf der anderen Seite des Jordan, wo Johannes taufte“ (Joh 1,28), nur wusste man bis in die jüngste Zeit mit dieser Ortsangabe nichts Rechtes mehr anzufangen, weil man nur das Betanien bei Jerusalem hinter dem Ölberg kannte. Die altchristliche Tradition, beginnend mit Origenes (um 240) und Eusebius, mein- te, der Ort müsse Bethabara geheißen haben, wie in manchen Evangelienhandschriften zu Taufe Jesu, maronitische Kathedrale Beirut.  © Petrus Schüler Heiliges Land Heiliges Land

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