Im Land des Herrn | 75. Jahrgang | 2021 - 1
22 1/2021 nehmen deshalb an, dass diese Auswahl willkür- lich sein muss. Vielleicht wurden diese Heiligen auf Verlangen einiger anwesender Kreuzfahrer als Ex-Voto gemalt…? Wie etwa diejenigen, die in Miniatur zu Füßen des heiligen Jakobus oder der Eleusa dargestellt sind. Nichtsdestotrotz kann man diese Figuren in mehrere Gruppen einteilen: die Propheten, die Apostel, die Asketenmöche, die Könige und die heiligen Soldaten sowie die Jungfrau Maria, die mehrmals dargestellt ist. Ist diese Auswahl willkürlich? Es ist weiter nicht erstaunlich, dass in einer Kir- che, erbaut über der Stelle, wo Jesus geboren wurde, seine heiligste Mutter einen Ehrenplatz einnimmt . Sie wird auf drei Malereien dar- gestellt, von denen jede einem der Regeln der byzantinischen Ikonographie folgt. Auf der 9. Säule ist die Virgo lac- tans (die Stillende), sitzend dar- gestellt; auf der 26. Säule ist sie stehend abgebildet als Glyco- philousa, als Eleusa (bedeutet die Zärtliche), während sie auf der 31. Säule, ebenfalls stehend, den Weg weist , als Hodegetria (bedeutet dieWegweiserin). Fünf Malereien stellen Heilige des Alten Testaments dar: In der Reihe der Propheten Elias (20) mit den Raben, die ihn in der Wüste ernähren (1Kön 17, 1–6). Er ist als einziger Heiliger szenisch dargestellt. Er sitzt, den Ellenbo- gen auf das Knie derselben Seite gestützt , während seine Hand den Kopf hält. Er blickt auf die Raben, die ihm in ihren Schnabel das (eucharistische) Brot bringen. Im Hintergrund sieht man eine Gebirgslandschaft. Neben ihm – wohl nicht zufällig – (19) befindet sich der Vorläufer Christi im Neuen Testament, dem in der Schrift Ähnlichkeit mit Elias zuge- schrieben wird: Johannes der Täufer. Er trägt eine blaue Tunika aus Tierfell wie in der gesam- ten byzantinischen Ikonographie. Aus dem Neuen Testament gibt es drei Apostel, von denen einer auch Evangelist ist. Bartholomäus (25), hält in der einen Hand eine Schriftrolle, während er mit der anderen segnet. In vielen italienischen Kirchen gibt es mittel- alterliche Darstellungen des heiligen Bartho- lomäus. Nach Abel und Vincent, den französi- schen Archäologen aus dem Dominikanerorden, erfreute er sich großer Popularität bei den Nor- mannen aus Sizilien und Kalabrien. Neben ihm (24) Jakobus, Sohn des Zebedäus, erster Bischof von Jerusalem, der mit beiden Hän- den ein dickes Buch hält. Außer- halb des Rahmens der Malerei – wie auch alle anderen auf blau- em Hintergrund rot umrahmt – knien links unten ein Mann, der die berühmte Muschel der Pilger von Santiago in die Höhe hält und rechts unten eine Frau. Sind es vielleicht die Stifter der Male- rei dessen, der damals in Europa schon unter dem Namen Santia- go verehrt wurde? Johannes (10), der Bruder des Jakobus, kommt ebenfalls zu Ehren. Es handelt sich dabei natür- lich um den Evangelisten, er hält seine Schrift in der linken Hand. Er ist der einzige der vier Evangelisten, der hier dargestellt ist, und viel- leicht ist es auf seine Eigenschaft als Evangelist zurückzuführen, dass er, getrennt von den anderen Aposteln, auf einer der Säulen in der Mitte des Hauptschiffs darge- stellt ist. Viel enger nebeneinander findet man die heiligen Asketen. IM LAND DES HERRN Prophet Elias (20). © Christian Piaccenti
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