Im Land des Herrn | 75. Jahrgang | 2021 - 1
1/2021 37 samkeit und Stille, dass man kein Geräusch, viel weniger ein Geschwätz höret wie in unserer Chris- tenheit bei den Prozessionen und unter der Pre- digt. Nachdem nun diese sechste Predigt mit gro- ßer Stille und Aufmerksamkeit vollendet ist, wird das Bildnis Christi, das in der Leinwat auf dem Stein der Salbung gelegt war, von Reverendissimo Patre Guardiano mit köstlichen Spezereien und wohlriechendemWasser gesalbet und übergossen, alsdann von den vorgemeldeten vier Priestern, mit vorgehender Prozession, in der Leinwat in das Heilige Grab getragen und die siebte Predigt vor der Tür des Allerheiligsten Grabes Christi gehal- ten. Auf welches wird die Prozession beschlossen, die sich über die fünf Stunden erstrecket.“ 5. Kurze Anmerkungen zur Feier am Karsamstag und in der Osternacht Nur sehr knapp äußert sich Bruder Joseph Schwaiberger zur Feier am Karsamstag und in der Osternacht. Er beklagt die Lauheit der katholischen Christen und geht auf die Fröm- migkeit der orthodoxen Christen ein. Genau beschreibt er das so genannte „Feuerwunder“ in der Osternacht, bei dem die griechischen und armenischen Geistlichen das vom Himmel gefal- lene Osterfeuer an die Gläubigen verteilen. Er hält nicht viel davon, weil es „fast mehr einem Fastnachtspiel gleich siehet als einer christ- lichen Andacht “. Da dieser bemerkenswerte Abschnitt in unserem Beitrag aus dem Rahmen fällt, wollen wir ihn weglassen. Im Anschluss an die orthodoxe Osterliturgie wird das katholische Osterfest gefeiert (4. Teil, 9. Kapitel, S. 434–439). „Ich hab in dem vorigen Kapitel angemerkt, dass an solchen Tagen wie an dem Karfreitag eine große Menge Volks von etlichen tausend Personen sich in der großen Kirche des Heiligen Grabes befin- den. Die Ursache aber ist diese: Dieweilen die Grie- chen, Armiener und andere Schismatiker auch mit uns Christen die Ostern halten und solches Fest auf ihre Manier begehen, also dass nit nur allein die Bewohner in Jerusalem sich in die Kir- che des Heiligen Grabes begeben, sondern etliche Tausend ihres Glaubens von Weitem, ja gar über das gefährliche Meer sich dahin begeben, wie ich dann meiner Zeit in gewisseWissenschaft gebracht habe, dass mehr als fünftausend griechische Pil- gram vonWeitem allda gewesen sind. Wie viele von andern Schismatikern dahin gekommen waren, ist dem lieben Gott bekannt; es wird aber am Jüngs- ten Tag bekannt werden.Wollte wünschen, nit zum Schrecken und ewigen Spott der lauen Christen, von welchen der Selige Thomas von Kempen sagt, und zwar also: ,Um das Zeitliche läuft man die gan- ze Welt aus, aber um das Ewige mag man kaum einen Fuß von der Erde aufheben.‘ O Du ewiger Gott, der Du uns von Ewigkeit geliebt und also geliebt, dass Du uns zu Lieb Deinen ein- geborenen Sohn gegeben hast! Was tun aber die Christen wegen Deiner? Ja, wohl über Berg und Gebirg steigen, viel weniger einen Gedanken haben, über das Meer zu fahren! Es heißt: Man hat allenthalben Kirchen. Es ist ganz wahr und die Wahrheit selbst. Es wäre aber zu wünschen, dass man mit gebührender Ehre hinein kommt. Die Türken, Griechen und andre Schismatiker haben weder Glocken noch Uhr. Sondern die Begier nach ihrer Kirche und zum Dienst Gottes gibt ihnen das Zeichen, dass sie dahin laufen und drängen in die Kirche, wie in unseren Ländern die Katholischen aus der Kirche und nach Haus eilen. Auf vorher gehaltene Prozession und Predigt, die sich in die Mitternacht hinein erstrecket hat, verrichten dann die anderen Gläubigen, ihre Der Corpus wird auf dem Salbungsstein gesalbt. © MAB Kustodie Osterfest Osterfest
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