Im Land des Herrn | 75. Jahrgang | 2021 - 1
1/2021 7 auf Hebräisch zu ihm: Rabbuni!, das heißt Meister. Jesus sagte zu ihr: Halte mich nicht fest, denn ich bin noch nicht zum Vater hinaufgegangen. … Maria von Magdala kam zu den Jüngern und verkün- dete ihnen: ich habe den Herrn gesehen. Und sie berichtete, was er ihr gesagt hatte.“ (Joh 20,15–18) Leider ist die Nordseite am stärksten beschädigt, darum lässt sich nicht klar sagen, ob der obere Torso eine Christusfigur darstellt oder aber Gott- vater, zu dem Christus nach diesem Abschnitt des Johannes-Evangeliums „noch hinaufgehen muss“. Weiter links (nicht im Bild) befindet sich der heu- tige, nicht ursprüngliche Eingang zum Inneren. Links davon erkennt man eine weitere Episode des Ostermorgens nach Johannes: der „Jünger- lauf “: „Da gingen Petrus und der andere Jünger hinaus und kamen zum Grab; sie liefen beide zusammen, aber weil der andere Jünger schnel- ler war als Petrus, kam er als Erster ans Grab.“ (Joh 20,3–4). Zwar sind die Figuren nicht mehr vorhanden, aber die Reste lassen zweifelsfrei diese Ostergeschichte erkennen. Der Eingang zum Inneren des Grabes und auch die Aufteilung im Inneren ist nicht mehr original: für uns ist zum einen interessant, dass es an der Südseite ein Troggrab gab, welches später umge- setzt wurde; es besaß nahezu die gleichen Maße wie das originale Grab in Jerusalem. Zum ande- ren besitzt die Grabkammer zwei Öffnungen nach außen hin, also zum Kreuzgang. Wer die Jerusalemer Osterfeierlichkeiten kennt, weiß um die Bedeutung dieser Öffnungen: beim orthodoxen Osterfeuer erscheint das neue Feuer zuerst an der Öffnung der Nordwand, wo es heute vom griechisch-orthodoxen Pfarrer Jerusalems entgegengenommen wird. Erst einen Moment später öffnet sich die Tür des Grabes und der griechisch-orthodoxe Patriarch gibt das Feuer an die ungeduldig wartenden Gläubigen weiter. Der heute sichtbare Figurenschmuck orientiert sich nicht mehr an den Ostergeschichten, die uns das Johannes-Evangelium berichtet und die an den Außenflächen dargestellt sind; domi- nant und bewegt sehen wir die Gruppe der drei Marien auf dem Rest-Fundament des Grabtroges. Das Markus-Evangelium berichtet uns: „Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala, Maria, die Mutter des Jakobus, und Salome wohl- riechende Öle, um damit zum Grab zu gehen und Jesus zu salben.“ Weiter berichtet der Evangelist: „Sie gingen in das Grab hinein und sahen auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, der mit einem weißen Gewand bekleidet war; da erschra- Stiftskirche Gernrode Stiftskirche Gernrode Teil der Westwand „Noli me tangere“. © Petrus Schüler Öffnung der Grabkammer zum Kreuzgang hin. © Petrus Schüler
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