Im Land des Herrn | 75. Jahrgang | 2021 - 1

8 1/2021 IM LAND DES HERRN ken sie sehr. Er aber sagte zu ihnen: Erschreckt nicht! Ihr sucht Jesus von Nazaret, den Gekreu- zigten. Er ist auferstanden, er ist nicht hier.“ (Mk 16,1+5+6) Es lassen sich noch einige wenige Reste mittel- alterlicher Bemalung ausmachen, aber unser Augenmerk soll auf die überlebensgroße Figur in einer Nische der Westwand gelenkt werden: Nicht nur die Größe, auch die feine plastische Ausarbeitung hebt diese Figur von den anderen vorhandenen ab: es ist nicht ganz klar, ob es sich hier um den Auferstandenen handelt; dagegen spricht zum einen, dass die meisten Nachbildun- gen des Heiligen Grabes immer ein „leeres Grab“ darstellen oder aber den im Grabtrog liegenden Leichnam Jesu. Der Auferstandene als beherr- schende Figur fällt da etwas aus dem Rahmen. Zum anderen weisen Stab und Pallium auf einen Bischof hin. Schwierig für die Identifikation ist der Umstand, dass im Jahre 1616 die Köpfe der meisten Plastiken abgeschlagen wurden und erst 1923 wiederentdeckt wurden. Für einen Aufer- standenen spricht der Kopf der Figur, der eine starke Ähnlichkeit mit dem Christuskopf der „Noli me tangere-Szene“ (vergleiche mit Bild auf Seite 7) aufweist. Auch wenn die Stiftskirche – und somit auch das Heilige Grab – im Laufe der Jahrhunderte vieler Einrichtungsgegenstände verlustig gegan- gen ist, so zeigt sich die Kirche heute außen wie innen in einem Zustand, der uns doch einige Jahrhunderte zurückversetzt. Dazu zählt auch die dreischiffige Westkrypta (12. Jahrhundert), der romanische Taufstein (um 1150, aus der Kir- che in Alsleben) und die „neoromanische“ Aus- malung. Besondere Mühe hat man sich bei der Gestaltung der Holzdecke gegeben: in 33 Dar- stellungen begegnen uns Figuren des Alten Tes- tamentes, hier im Bild Noah. In Gernrode gab es spätestens um 1130 ein Osterspiel und es war ein glücklicher Umstand, dass man einen entsprechenden Text in einem Prozessionale von 1502 in der Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz aufbewahrt, den Wal- ther Lipphardt 1972 veröffentlicht hat. Unseren Lesern, denen oft die Jerusalemer Feiern in der Grabeskirche bekannt sind, würden sicher Parallelen finden, wenn der Gernröder Text bei- spielsweise von einer Grablegung am Karfreitag spricht oder dann von einer Kreuzerhebung am Ostermontag. Das Osterspiel verliert sich mit der Reformation, erst im Jahre 1989 nimmt die örtliche evangeli- sche Kirchengemeinde das Spiel in leicht verän- derter Form wieder auf; leider musste es im Jahre 2020 auf Grund der Corona-Pandemie ausfallen. Figurengruppe der drei Marien im Inneren, rechts der Engel.  © Cornelia Grimm-Remus Große Figur, als Auferstandener gedeutet.  © Cornelia Grimm-Remus Noah.  © Petrus Schüler

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