Im Land des Herrn | 75. Jahrgang | 2021 - 2
IM LAND DES HERRN 28 2/2021 dem Umbau in den letzten Jahren nicht mehr öffentlich ausgestellt. Diese nicht für die Antike, aber für die Forschungsgeschichte interessan ten Gegenstände sind heute begehrte Sammler objekte. Shapira hat sich übrigens 1884 das Leben genommen, nachdem sich Schriftrollen, die er als frühes Buch Deuteronomium verkau fen wollte, ebenfalls als Fälschung herausgestellt hatten. Eine Fälschung, die es 2012 bis in die Schlag zeilen geschafft hat, ist wohl weniger aus Geld gier, sondern eher aus Ruhmsucht entstanden: das sogenannte „Evangelium der Frau Jesu“. Es handelt sich um ein achtzeiliges Papyrusfrag ment, auf Koptisch (der Sprache der ägypti schen Christen) geschrieben und angeblich in Ägypten gefunden. Solche Papyrusfunde sind keine Seltenheit, sowohl mit religiösen als auch mit weltlichen Texten. Sensationell war dagegen der Inhalt: neben Sätzen, die aus der Bibel oder anderen antiken christlichen Texten bekannt waren, enthält das Fragment folgenden Satz: „Jesus spricht zu ihnen: Meine Frau …“. Die Fort setzung des Satzes ist nicht erhalten. Natür lich ist so ein Satz ein gefundenes Fressen für alle, die der Kirche oder dem Christentum kri tisch gegenüberstehen. Man darf nun aber auch nicht umgekehrt einen Text sofort als Fälschung abtun, weil er dem widerspricht, was man als Christ zu lesen erwartet. Es könnte ja durchaus auch möglich sein, dass es im 4. Jahrhundert Personen oder Gruppen gegeben hat, die Jesus für verheiratet hielten, selbst wenn das mit dem Jesus der Evangelien nichts zu tun hat. Also wur de das Papyrus von verschiedenenWissenschaft lern untersucht. Paläographen (Wissenschaftler, die alte Schriften untersuchen und möglicher weise datieren) wiesen darauf hin, dass die kop tischen Buchstaben unregelmäßig sind, also von ungeübter Hand stammen, die versucht, eine Beduinen-Junge mit einer Herde junger Kamele am Toten Meer. © Petrus Schüler
RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=