Im Land des Herrn | 75. Jahrgang | 2021 - 2
2/2021 29 Schrift des 4. Jahrhunderts zu imitieren. Chemi sche Analysen zeigten, dass das Papyrus aus dem 8. Jahrhundert stammt (unbeschriebenes anti kes Papyrus oder Pergament ist auf dem Antiqui tätenmarkt erhältlich). Das Hauptargument war dieses: alle Sätze, mit Ausnahme des Satzanfan ges „Meine Frau“ finden sich wörtlich in bekann ten und veröffentlichten Texten. Es schien, als habe jemand mit einigen Koptisch-Kenntnissen diesen Text aus bekannten Texten zusammen gestellt, um den erwähnten Satzanfang ergänzt und auf einen antiken Papyrus geschrieben. In der Tat, später konnte der Fälscher, ein ehemali ger Ägyptologiestudent aus Florida, identifiziert werden. Zurück zu den eingangs erwähnten gefälschten Qumran-Fragmenten. Die Zeiten sind vorbei, wo man für wenige englische Pfund einige Quadrat zentimeter eines Qumran-Textes kaufen kann. Heute werden dafür höhere sechsstellige Dol larbeträge bezahlt. Das lohnt natürlich einen erheblichen technischen und intellektuellen Aufwand. Seit den Funden in Qumran und Umgebung in den 1950er- und 60er-Jahren tauchten immer wieder vereinzelte Fragmente auf dem Markt auf. Diese stammten entweder von Personen und Institutionen, denen es damals gelungen war, Fragmente zu erwerben (auch das Museum der Flagellatio hat zwei solche Fragmente, bei de etwa handtellergroß), oder es waren solche, die Zwischenhändler zurückgehalten hatten, in der durchaus berechtigten Hoffnung, die Prei se würden steigen. Der bekannteste dieser Zwi schenhändler war ein Antiquitätenhändler aus Betlehem namens Kando. Seit seinem Tod füh ren seine Söhne das Geschäft weiter. Forscher wussten von einigen Fragmenten, die Kando ihnen gezeigt hatte, die aber nie in den bekann ten Sammlungen oder Veröffentlichungen aufge taucht sind. Diese hat Kando entweder anderwei tig verkauft oder sie sind noch in seinem Besitz. Einige sind in verschiedenen Sammlungen auf der ganzen Welt gelandet, andere tauchen bei spielsweise dann wieder auf, wenn ein Besitzer stirbt und die Erben die Fragmente verkaufen oder auch als Schenkung einem Museum oder einer Universität vermachen. Auffälligerweise sind in den letzten 20 Jahren nicht nur vereinzelte Fragmente bekannt gewor den, sondern fast 100. Drei amerikanische Uni versitäten und ein norwegischer Sammler hatten sie fast gleichzeitig erworben. Von der Existenz der meisten davon hatte man bis dahin nichts gewusst. Dies allein ist schon verdächtig, es könnte sich aber auch erklären lassen durch einen durch Raubgräber neu ent deckten Fundort. Es gibt weitere Auffälligkeiten: 90 % von ihnen enthalten biblische Texte (in Qumran sind ungefähr ein Drittel der Rollen biblisch, an anderen Fundorten in der Judäi schen Wüste noch weniger), die anderen sind ausnahmslos andere bekannte antike Texte. Natürlich könnte es Zufall sein, dass Grabräuber einen Ort gefunden hatten, wo eben nur solche Texte aufbewahrt wurden. Alle Fragmente waren sehr klein, oft kaum größer als ein Fingernagel; größere zusammenhängende Manuskriptteile, wie es sie in Qumran (neben zehntausenden winziger Fragmente) auch gibt, fehlen. Auch das könnte durch die Bedingungen am mutmaßli chen Fundort erklärt werden – oder durch das Verhalten der Verkäufer, die die größeren Teile zurückhalten, um einen noch größeren Erlös zu erzielen. Manche scheinen „auf Bestellung“ gekommen zu sein. Hatte eine der Universitä ten Interesse an einem Fragment aus dem Buch Levitikus, bald war eines gefunden. Interessierte sich der Sammler für einen bestimmten bibli schen Propheten, auch der war bald da. Selbstverständlich waren die Universitäten und der Sammler seriös genug, ihre Erwerbungen sowohl zu veröffentlichen als auch sie auf Echt heit untersuchen zu lassen. Die Fälscher waren gut! Antikes Schreibmaterial zu beschaffen, ist, wie gesagt, nicht schwierig. Es ist ihnen auch gelungen, antike Tinte so gut zu imitieren, dass sie von den meisten chemischen Analysen nicht eindeutig als Fälschung identi fiziert werden konnte. Im Schreiben waren die Fälschungen Fälschungen
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