Im Land des Herrn | 75. Jahrgang | 2021 - 2

2/2021 37 der Versuchung, St. Gerasimos in Jericho und St. Georg im Wadi Qelt vertreten“, sagt Michael Ragsch, „darüber hinaus wollte ich an den See Genezareth, und natürlich brauchte ich eine Geschichte aus meinem geliebten Bethlehem.“ Im Geburtsort Jesu traf Ragsch einen armeni­ schen Vater, der als Kind eine bemerkenswerte Vision hatte – von einem Gott mit einem Gesicht. Der Autor hat auch die einzige Kirche im Pulver­ fass Hebron und die Karmeliten auf dem Berg Karmel in Haifa besucht: „Wie schon bei frühe­ ren Büchern hatte ich wieder unverschämtes Glück mit meinen Begegnungen. Auch wenn ich nicht immer sehr lange mit den Vätern des Hei­ ligen Landes sprechen konnte, waren es doch oft Gespräche mit unglaublicher Substanz.“ Allein drei Porträts des Buches sind Franziska­ nern im Heiligen Land gewidmet – was das Buch für unsere Leser noch einmal mehr interessant macht. Markus St. Bugnyár Reise nach Jerusalem Franz Joseph – Politiker, Pilger, Privatier Kommentierte Edition von Beda Dudíks Kaiser- Reise nach dem Oriente Mit einemVorwort von Karl von Habsburg Heiligenkreuz imWienerwald 2020 Viel ist auch im Umfeld de s S chne l l e r-Ve re i ns geschrieben worden über das Verhä l tni s preußi ­ scher Kronprinzen und deut s cher Ka i s er zum Heiligen Land – insbe­ sondere im Umfeld von Jubiläen wie 1998 oder 2010. Geradezu sträflich vernachlässigt wurde dabei oftmals der Blick auf entsprechende Aktivitäten der benachbarten europäischen Herrscherhäuser. Wer diese Lücke zumindest im Blick auf Österreich schließen möchte, der ist gut beraten, sich den prachtvol­ len Band anzuschaffen, der unlängst vom Rektor des Österreichischen Hospizes zu Jerusalem, Markus Bugnyár, veröffentlicht wurde. Grundlage ist ein Reisebericht des Benediktiner­ paters Beda Dudík, der den österreichischen Kai­ ser Franz Joseph auf seiner Fahrt zur Eröffnung des Suez-Kanals im Jahr 1869 als Kaplan und Hofberichterstatter begleitete. Diesen Bericht hat Bugnyár um weitere Quellen ergänzt und kom­ mentiert. Stationen der Reise waren u. a. Istan­ bul, Athen, Jaffa, Jerusalem, Jericho, Port Said, Ismailia, Kairo und Alexandria. Zwei Eindrücke drängen sich bei der Lektüre auf: Trotz allen Pro­ tokolls, trotz aller steifen Anzüge und Uniformen scheint diese Reise von einer heiteren Gelassen­ heit geprägt zu sein, die man etwa bei der drei Jahrzehnte später stattgefundenen Orientreise des deutschen Kaisers Wilhelm II. vollkommen vermisst. Und zweitens besticht die Wertschät­ zung der allenthalben anzutreffenden kulturellen Vielstimmigkeit und Vielsprachigkeit: Das, was die kaiserliche Reisegesellschaft aus der K&K-Monar­ chie als selbstverständlichen eigenen Hintergrund mitbrachte, das entdeckt sie mit viel Sympathie in einer ähnlichen Buntheit nun auch im Orient. Wer es eilig hat, der mag nur die kommentieren­ de Zusammenfassung im ersten Teil des Buches lesen – ach, eigentlich müsste man es sich im charmanten, österreichischen Tonfall des Autors vorlesen lassen, wie der arme Kaiser da z.B. beim Ausschiffen von Jaffa im Sturm fast über Bord ging. Andere Passagen des Reiseberichts – etwa die tiefe Betroffenheit der Österreicher, als sie am Grundstück der späteren Erlöserkirche zu Jerusalem die nur einen Tag zuvor angebrachte preußische Besitzurkunde entdeckten – über­ geht Bugnyár diskret, weshalb sich auch die Lek­ türe des längeren Berichtes lohnt. Die Einkünfte aus dem Verkauf des Buches sol­ len dazu dienen, das Österreichische Hospiz zu Jerusalem auch in der aktuellen Pandemiezeit wirtschaftlich einigermaßen über Wasser zu halten. Auch deswegen sollte es im Bücherregal eines jeden Nahost-Interessierten stehen. Buchvorstellungen Buchvorstellungen

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