Im Land des Herrn | 75. Jahrgang | 2021 - 2

IM LAND DES HERRN 14 3/2021 lagert wurde. Eines Tages sei aus der Dorfkirche in Techow das Allerheiligste Sakrament entwen- det worden. Der Räuber, später eben vermeint- lich ein Jude, habe die Hostie an einer Stelle vergraben, die als Richt- und Galgenstätte für verurteilte Diebe und Mörder diente. Die Hostie hätte dann zu bluten angefangen und die Hän- de des Frevlers gezeichnet. So habe man die Tat aufdecken können. Vor seiner Hinrichtung habe er das „Grab“ der Hostie verraten. Eine zum Teil noch in der Klosterkirche erhaltene Serie von Tafelbildern aus dem Jahr 1532 erzählt die Legende, in deren Mittepunkt der „Jode“ steht. Im späten Mittelalter wurden immer wieder Schauergeschichten um frevelhafte Schändun- gen des Allerheiligsten Sakraments durch Juden kolportiert, die oft Anlass zu grausamsten Pogro- men waren. Bemerkenswert in Heiligengrabe ist, dass den heutigen Stiftsdamen der Dialog zwischen Chris- ten und Juden ein besonderes Anliegen ist, was sich im kulturellen und religiösen Programm von Heiligengrabe niederschlägt. Die seinerzeit wiedergefundene blutende Hostie sei nach Pritzwalk verbracht worden, aber das erwartete Wunder habe sich erst gezeigt, nach- dem Bischof Heinrich von Havelberg (1270– 1290) die Hostie an die Stelle ihres „Grabes“ zurückgebracht habe. Das ist der namensgebende Ursprung des Klos- ters, das Markgraf Otto V., der Lange, nach wei- teren wundersamen Geschehnissen, ersten Opfergeldspenden und einem Traum stiftete. Die Wallfahrt zum Heiligen Blut war der wesentliche Grund für die Existenz des Klosters, das freilich mit weiteren Stiftungen an der Grenze der Mark zu Mecklenburg auch strategischen Zwecken gedient haben mag. Die bedeutende Heiliggrabkapelle, die etwas abseits des Klosters und der Kirche erbaut und 1512 geweiht worden ist, liegt in der nach Westen führenden Achse der alten Abteikirche. Sie ist Außenansicht.  © Robert Jauch

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