Im Land des Herrn | 75. Jahrgang | 2021 - 2

18 3/2021 Terrors ist es zu einer Massenabwanderung unse- rer Christen gekommen. Wir wurden auf dra- matische Weise reduziert, wie auch andere Kir- chen. Mindestens 60 Prozent sind abgewandert. Besonders stark getroffen ist die Ninive-Ebene im Nordirak. In ihrer größten Stadt Karakosch leben mehrheitlich syrisch-katholische Christen. Zwar hat sich die Situation im Irak mittlerweile etwas beruhigt. Rund 60 Prozent der Einwohner sind nach Karakosch zurückgekehrt. Aber sta- bil ist die Lage nicht, und die Jungen verlieren das Vertrauen in die Zukunft. Kurz: Unsere Kir- che befindet sich – wie andere auch – in einer beklagenswerten Situation. KNA: Und die Lage in den anderen Ländern? Younan: Im Libanon wird es immer dramati- scher. Keiner hat mit einer solchen Lage gerech- net. Die Währung ist auf ein Zwölftel ihres Wer- tes gefallen. Auch in Syrien wurde unsere Kirche hart getroffen. Im Nordosten um Hasakeh etwa kämpfen Kurden gegen Regierungstruppen, unterstützt durch Amerikaner und Europäer. Die Türken haben der Stadt das Wasser abge- dreht, seit einem Monat gibt es kein Trinkwasser, und keiner berichtet darüber. Noch immer sind Terrorgruppen wie der Islamische Staat prä- sent. Unser Patriarchalvikar vor Ort spricht von einer sehr dramatischen Lage. Lebensmittel wer- den immer teurer, es gibt keinen Strom, keinen Treibstoff. Die größte Herausforderung wird sein, die Jugend davon zu überzeugen, in ihrer Hei- mat zu bleiben. KNA: Haben Sie Ideen, wie? Younan: Ideen haben keinen Wert mehr! Die Jugend glaubt nicht an Worte, Ideen und Pro- gramme. Sie will Sicherheit und eine Zukunft. Wir können ihnen sagen, dass wir für sie beten, damit sie stark und verwurzelt bleiben. Wir können Familien nach unseren besten Möglich- keiten humanitäre Hilfe anbieten. Wie jedoch die Zukunft dieser Christen sein wird, weiß Gott allein. Gregorios Yohanna Ibrahim, seit 2013 nach einem Überfall vermisster syrisch orthodoxer Bischof von Aleppo – Poster in einer Kirche in Damaskus.  © Petrus Schüler Syrisches Flüchtlingskind auf einer Straße im Libanon.  © Petrus Schüler IM LAND DES HERRN

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