Im Land des Herrn | 75. Jahrgang | 2021 - 2
3/2021 7 hinterher, wenn sie langsam den Aufstieg begin- nen. Es ist still und heiß, Echsen huschen über die Steine. Nur wenige Grillen zirpen; das Tal ist von Kräuterduft erfüllt. Das Kloster liegt wie eine Festung viele Meter über demWanderer; majestätisch ragt das Kon- ferenzgebäude in den Himmel. Die anderen Nebengebäude sind mit Baugerüsten versehen. Nach einer halben Stunde steht man vor der kleinen Eingangstür im Hof. Werkzeug und Werkbänke, Holzpaneelen, Sandberge deuten auf Renovierungsarbeiten hin. Man muss sich tief ducken, um durch die niedrigen Türen ins Inne- re des Klosters zu gelangen. „Herzlich willkommen“, sagt der Priester Jacques Mourad strahlend und schließt Joseph in die Arme. Die beiden kennen sich seit 35 Jahren. Pere Jacques bereitete sich auf das Priesteramt vor, als er Ende der 80er Jahre nach Mar Musa kam. Er und Paolo Dall’Oglio bauten die Glau- bensgemeinschaft auf. Später übernahm Jacques Mourad das Kloster Deir Mar Elian bei Qarya- tain, das ebenfalls neu auf- und ausgebaut wurde. 2015 wurde Qaryatain von der Terrormiliz „Isla- mischer Staat“ (IS) überfallen. Deir Mar Elian wurde zerstört, Mourad mit 250 Christen aus Qaryatain vom IS entführt und in der Wüste gefangen gehalten. Nach Monaten der Ungewissheit kamen er und die ande- ren frei. Auf Anordnung der Kirche verließ Mourad Syrien und kam erst im März 2020 zurück. Er habe den großen Wunsch verspürt, nach Syrien und nach Mar Musa zurückzukehren, erzählt er. Monate habe es gedauert, bis er von der Kirche schließlich die Erlaubnis erhielt. „Nun bin ich hier und sehr froh, als einfacher Mönch wieder meiner Arbeit nachgehen zu können.“ Sprechen möchte Mourad über diese Jahre nicht. Ein einfaches Mittagessen erwartet den Besucher. Der große Tisch steht im Schatten. Es gibt Reis, Gemüse und Salat. Brot wird verteilt, eingelegte Oliven und Auberginen. Elf Nonnen und Mönche gehören heute zur Glau- bensgemeinschaft von Deir Mar Musa. Wegen der Corona-Pandemie bleibt das Kloster bis auf weiteres für eine breitere Öffentlichkeit geschlossen. Als sollten Wunden nicht berührt werden, wird über Paolo Dall’Oglio nicht gesprochen. Der Priester ver- schwand 2013 weit im Osten Syriens, als er helfen wollte, Geiseln aus der Gewalt des IS zu befreien. Über ihm und seinem Schicksal liegt die Stille der Wüste. Deir Mar Musa Deir Mar Musa Eingang der Kirche. © Petrus Schüler
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