Im Land des Herrn | 75. Jahrgang | 2021 - 4
4/2021 17 Ein ganz hervorragendes Zeugnis dieser Zeit befindet sich im „Staatlichen Museum ägypti- scher Kunst“ in München an prominenter Stelle: es ist der „Metallfund aus Sichem“. Im Grunde genommen ist es eine Art bunt zusammenge- würfelte „Altmetallsammlung“, um 1750–1650 v. Chr., hier im Bild ersichtlich. Die Geschichte des Fundes ist abenteuerlich und kann nur in Grundzügen beschrieben werden: das kleine palästinensische Dorf Balata (noch heute liest man auf den Straßenschildern nur vom „Tell Balata“) befand sich auf einem „Tell“, also einem Ruinenhügel, der 1903 als das antike Sichem identi- fiziert werden konnte. Diese Identifizierung verdan- ken wir hauptsächlich Hermann Thiersch, einem Münchner Archäologen, der in seinem Tagebuch unter dem Datum vom 26. Juni 1903 vermerkt: „Die Pferde sind von gestern noch zu müde, um weiter zu ziehen. Darum Rasttag. Die Frage nach Altsichem erörtert. An dem kleinen Ruinenhü- gel, den die englische Karte angibt, direkt nörd- lich von Balata nahe bei Kubr Jusuf (hier ist das Josefs-Grab gemeint, P.S.) entdeckten wir zu unserer großen Freude ein Stück „kyklopi- scher“ Mauer, … So unbedeutend und wenig auf- fallend der Hügel zuerst erscheint, so ist doch sein Umfang beträchtlich und seine Lage aus- gezeichnet. Er beherrscht die Ebene von Askar und sperrt zugleich den Paß. Beides vereinigt sich nicht von dem heutigen Nablus. Damit ist die Lage des alten Sichem sicher festgestellt und die frühere Vermutung (Nablus) widerlegt. … Der Platz ist etwas bebaut mit Gemüse und Saat.“ (J. Hempel, Zeitschrift für Alttestamentliche Wissenschaft) Der Hintergrund der letzten Bemerkung war die Tatsache, dass das Wissen um das alte Sichem verlorengegangen war: man meinte, dass die Stadt Nablus deren Platz einnimmt, gestützt zusätzlich auf eine Information des hl. Hieronymus, einem vorzüglichen Kenner des Heiligen Landes, der ja die letzte Zeit seines Lebens in Betlehem ver- brachte und dort auch starb – sein Grab befindet sich in den Nebengrotten unter der Geburtsbasi- lika. Er ging, ausgehend von einem Text des Kir- chenhistorikers Eusebius, davon aus, dass Sichem mit Nablus gleichzusetzen ist. Ein Metallfund in Sichem Petrus Schüler OFM m vorangehenden Artikel „Sichem – Nablus“ haben wir uns ganz allgemein mit der Geschichte der Stadt befasst. In diesem Artikel möchte ich die Leser mitnehmen in eine Zeit des Heiligen Landes, die wenig bekannt ist: die Zeit der ägyptischen Dominanz, von der wir aus den „Amar- na-Briefen“ (um das Jahr 1350 v. Chr.) wissen. Es sind wenige, aber kostbare Notizen; so wissen wir, dass das Zentrum der ägyptischen Herrschaft im Süden des Landes, nämlich in Gaza lag und dass die Stadtstaaten des Nordens – und damit berühren wir die Gegend von Nablus – ihr Eigenleben hatten. I Großteil des Waffenfundes im Staatlichen Museum Ägyptischer Kunst. © Petrus Schüler mit freundlicher Genehmigung des Museums
RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=