Im Land des Herrn | 75. Jahrgang | 2021 - 4
IM LAND DES HERRN 28 4/2021 ret liegt etwas abseits der alten Küstenstraße, die Damaskus mit Ägypten verbunden hat, und ist in einen Talkessel eingebettet, umgeben von Höhenzügen, die an die Ränge eines Amphithea- ters denken lassen. Der Name Nazaret leitet sich vermutlich von der Wurzel „nasar“ (hüten, bewahren) ab, was darauf hindeutet, dass der Ort vielleicht einmal als Grenzbefestigung diente. Besiedelt war Nazaret schon um 1500 v. Chr., allerdings war es nie sehr bedeutend (Ausgrabungen, die 1955 bis 1960 von den Franziskanern durchgeführt wurden, förder- ten nichts Sensationelles zutage), sodass die Fra- ge des Natanael (Joh 1,46) „Kann denn aus Naza- ret etwas Gutes kommen?“ durchaus berechtigt erscheint. In den Tagen Jesu mag Nazaret 150 bis 200 Einwohner gezählt haben, die teils in würfel- förmigen Häusern, teils in Wohngrotten leb- ten, die in den Felsen gehauen waren. Solche „Wohnhöhlen“ gibt es noch heute, und es ist gut denkbar, dass auch das „Haus“ der Heiligen Familie nichts anderes als eine solche Grotte war. Die Einrichtung dieser Behausungen war bescheiden. Im Felsenboden gab es eine große Vertiefung für die Feuerstelle, kleinere dienten als Standorte für Krüge. In den Wänden waren Nischen für Öllämpchen und Leuchter. Im Hin- tergrund des Raumes hatten die Haustiere ihren Platz. Dort lagerten auch die Vorräte für Mensch und Tier: Getreide, Trockenfrüchte, Heu und Stroh. Wenn ein „Haus“ etwas feudaler angelegt war, konnte vor der Grotte ein Vorbau mit einem flachen Dach stehen, der als Küche, Wohn- und Schlafzimmer diente. Die angeschlossenen Höhlen waren gewissermaßen die „Wirtschafts räume“. In der Regel wohnten in einer solchen „Wohn- anlage“ wenigstens zehn Menschen (unter einem Dach mit den Haustieren!). Das Gleichnis vom bittenden Freund (Lk 11,5–8) macht uns darauf aufmerksam, dass die ganze Familie die Nacht in dem einzigen Wohnraum verbrachte. „Lass mich Wohngrotte neben der Verkündigungskirche. © Petrus Schüler
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