Im Land des Herrn | 76. Jahrgang | 2022 - 1
1/2022 17 freundes entfesselt hätten. Mit dem Scheiden der Sonne zog auch die tausendköpfige Menge wie- der stadtwärts, friedlich und fröhlich, glücklich und zufrieden mit ihrer bescheidenen, kindlich unschuldigen Weihnachtsfreude.“ Fest der Unschuldigen Kinder in der Milchgrotte Eine besondere Erfahrung bedeutete für P. Er- hard die Feier der hl. Messe in der Milchgrotte am Tag der Unschuldigen Kinder (28. Dezem- ber), der in Betlehem ein gebotener Feiertag war: „Am Feste der Unschuldigen Kinder konnte ich die hl. Messe in der sogenannten Milchgrotte lesen. Die Legende ihres Namens, sowie ihre Schätzung bei der Frauenwelt, der mohammedanischen wie der christlichen, ist ja bekannt. Darum war sie auch an jenem Morgen gedrängt voll von Müttern und Kindern. Zu meinem anfänglichen Entset- zen dehnten die Kleinsten ihre Bewegungsfrei- heit bis über die Altarstufen aus. Sie krabbelten so unbefangen um meine Füße, dass ich Acht geben musste, keinem wehe zu tun. Aber schon von ihren gefeierten Altersgenossen singt ja die Kirche in den Tagzeiten des Festes, dass sie ‚zu Füßen des Altares einfältig spielen mit Palmen und Kronen‘. Daher mochte auch ich mich versöhnt zeigen mit diesem rubrikenwidrigen Vorgang.“ Ein einzigartiges Andenken: ein Christkindl für die Lieben daheim Schon zu Beginn, als P. Erhard in Jerusalem ankam, war er „auf der Suche nach einem Anden- ken, das zugleich seinen Lieben und weiteren Kreisen Trost und Freude bringen mochte“ . Dabei half ihm ein erfahrener Begleiter: „Ein Mitbru- der, durch seine Berufsstellung orts- und spra- chenkundig in der heiligen Stadt, führte mich zu einem christlichen Araber, der soeben einen Santo Bambino vollendete. Gegen den herkömm- lichen Brauch hatte er diesen Bambino nach einem deutschen Modell geschnitzt aus amerika- nischem Zirbenholz. Ich wurde schier kindisch vor Freude über diese unverhoffte Eroberung. Unterm Mantel geborgen, trug ich den Schatz eigenhändig von Jerusalem nach Bethlehem. Hier sollte mein ‚Christkindl‘ an heiliger Stätte Weihnachten feiern mit mir und dann, ausge- zeichnet mit den reichen Gnaden und Ablässen einer privilegierten Weihe, einkehren im fernen Vaterhause. Dort wird es alten Eltern Trost und Ersatz bieten in einsamen Tagen für ihr einziges Kind, das sie dem Rufe des Gotteskindes geopfert haben. Mein Begleiter verstand mich. Und so pil- gerten wir selbander auf der staubigen Straße und gedachten dabei jenes trauten hochheiligen Paares, das vor neunzehnhundert Jahren wohl um die gleiche Zeit diesen selben Weg gegan- gen war – auch mit einem verborgenen Schatz unterm Mantel.“ In der Christnacht durften die Franziskaner in der Geburtsgrotte, die eigentlich den Griechen gehörte, am Altar der Heiligen Drei Könige eine hl. Messe feiern. Dies tat auch P. Erhard: „ Wäh- rend meiner heiligen Messe am Altar der Hei- ligen Drei Könige durfte auch mein Christkindl nebenan in der Krippenstelle liegen. Doch damit gab ich mich noch nicht zufrieden. Ich führte noch Kühneres im Schilde. Deshalb biederte ich mich an den Bruder Sakristan, der nach been- digter Liturgie der Griechen die den Lateinern gehörigen Lampen zu besorgen hatte. Bei die- ser Hilfeleistung konnte ich auch mit freudigem Stolze feststellen, dass die auffallend schöne Sil- berlampe mitten am Gewölbe eine Münchener Arbeit und gestiftet war vom Prinzen Otto von Bayern (dem nachmaligen Könige). Mir war aber gar nicht so sehr um die Lampen zu tun, sondern in rasch entschlossenem Wagnis mein Christ- kindl in den Geburtsstern zu legen. Dann zog ich mich zurück. Der türkische Posten, der seit den Siebzigerjahren mit geladenem Gewehr diesen weltberühmten Geburtsstern bewachen und im Auge behalten muss, blickte verwundert auf das ungewohnte Bild, rührte sich aber nicht von sei- nem Stande auf dem Fußbrette. Selbst der grie- chische, stets sprungbereite Mönch in der andern Ecke war so überrascht von diesem unerhörten Einfall, dass er sprachlos ihn geschehen ließ. Freilich, allzu lange durfte auf die Überrumpe- Weihnachten in Betlehem Weihnachten in Betlehem
RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=