Im Land des Herrn | 76. Jahrgang | 2022 - 1

1/2022 33 Alltag zur Zeit Jesu Alltag zur Zeit Jesu gedungen wird (in seinem berühmten Gleichnis von den „Arbeitern imWeinberg“ weist Jesus auf solche arbeitslosen Tagelöhner hin, vgl. Mt 20,7). Zum Glück besteht in dem Landstrich, den wir im vorliegenden Artikel näher betrachten, näm- lich in dem fruchtbaren Galiläa, die Möglichkeit, dass ein Tagelöhner über größere Zeiträume hinweg eine kontinuierliche Beschäftigung findet. Die soziale Unterschicht wird aber nicht nur von armen Tagelöhnern gebildet, sondern umfasst auch viele Menschen, die im buchstäblichen Sinn „bettelarm“ sind, d. h. ihren Lebensunter- halt nicht selbst bestreiten können, sondern auf die Hilfe anderer angewiesen sind. Zu ihnen zäh- len vor allem unheilbare Kranke und Behinderte, wie Blinde, Lahme und Aussätzige. – In der heid- nischen Welt ist man diesen Menschen gegen- über oft herzlos: in Rom wie in Athen, in Ephe- sus wie in Alexandrien gehört es keineswegs zum guten Ton, einem Bettler Wohltaten zu erweisen. Man vertritt vielmehr die Meinung, es sei besser, solchen Leuten nichts zu geben. In der jüdischen und christlichen Ethik aber denkt man anders: an zahlreichen Stellen des Alten und Neuen Testaments werden die Gläu- bigen aufgefordert, sich der Not des Nächsten zu erbarmen. So heißt es z. B. bei Jesaja: „Teile an die Hungrigen dein Brot aus; und nimm die obdachlosen Armen in dein Haus auf; wenn du einen Nackten siehst, bekleide ihn... dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte“ (Jes 58,7 f.). – Und im Neuen Testament identi- fiziert sich Jesus selber mit den Bettelarmen, wenn er sagt: „Was ihr für einen dieser Gerings- ten getan (oder nicht getan) habt, das habt ihr mir getan (oder nicht getan)“ (vgl. Mt 25,45). Die Mittelschicht Über die Unterschicht (die über keinen Grund- besitz verfügt und mit weniger als 200 Denaren Typisch für die heutige Landwirtschaft sind die Felder in den Ebenen, die kahlen Berge werden meist nur für Oliven und Mandelbäume genutzt  © Petrus Schüler

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