Im Land des Herrn | 76. Jahrgang | 2022 - 2

2/2022 31 hat David Handlungsbedarf, denn gesetzlich steht auf Ehebruch der Tod – und er hat die Ehe Urijas gebrochen, indem er sich an dessen Eigentum vergriffen hat (die Frau galt als Eigen- tum des Mannes, daher ging es beim Ehebruch nicht nur um die Tatsache des Geschlechts- verkehrs, sondern um das Vergehen am Besitz eines anderen Mannes; Geschlechtsverkehr mit einer unverheirateten Frau galt nicht als Ehe- bruch). Davids holt daher Urija von der Front und hofft, er könne ihm das schon gezeugte Kind unter- schieben. Dies gelingt ihm nicht, denn aus Soli- darität mit seinen Frontkollegen schläft er nicht bei seiner Frau – auch nicht, als David den Ver- such unternimmt, ihn betrunken zu machen. Urija bleibt standhaft. Nun greift David zu drastischeren Maßnah- men. Er schickt Urija zur Front zurück mit seinem eigenen Todesurteil, das an den Befehls- haber gerichtet ist: Urija soll an die vorderste Front gestellt werden und die anderen sol- len sich zurückziehen. Die Taktik geht auf – Ur i ja fäl l t . David nimmt nun Batseba zur Frau. Das Missfallen Gottes wird deutlich in dem Gleichnis, das der Prophet Natan König David erzählt und in dem David sein eigenes Urteil spricht. Allerdings muss nicht David selbst sterben, sondern das Kind aus diesem Ver­ hältnis. In dieser Geschichte wird von Batseba nichts mehr gesagt , außer dass David sie über den Verlust des Kindes tröstete und abermals mit ihr schlief. Das Kind, das hier gezeugt wird, ist Salomo. 2 Sam 11–12 ist eine Erzählung, die einiges durchscheinen lässt über das Geschick der Frau- en damals und darüber, wie die Obrigkeit mit Untertanen – in diesem speziellen Fall Frauen – umgeht. Es ist eine Geschichte der Rechtlosig- keit, der Abhängigkeit und der weiblichen Ohn- macht. Später ist Salomo Anlass dafür, dass Batseba nochmals ins Spiel kommt. Als Frau Davids hat sie eine andere Position bekommen. Aber sie ist nicht Davids einzige Frau. Da gibt es viele und noch mehr Kinder, die auf den Thron speku- lieren. Mit Natans Hilfe nützt nun Batseba die Altersschwäche Davids aus, um ihrem Sohn zum Thron zu verhelfen (und damit auch ihre eigene Position zu stärken!). David proklamiert Salomo als seinen rechtmä- ßigen Erben und weist damit Adonija (den Sohn der Haggit), der sich selbst zum König ausgeru- fen hatte, in die Schranken. Als Adonija noch einen Versuch unternimmt, Macht zu bekommen, indem er die Hand aus- streckt nach der letzten Frau seines Vaters David (und damit indirekt nach der Krone) und für diesen Plan Batseba gewinnen möchte, wird Bat- seba – bewusst oder unbewusst (davon sagt der Text nichts) – zur Vermittlerin seines Todes- urteils. Sie bittet Salomo um Abischag, die letzte Frau Davids, für Adonija. Zornig reagiert Salo- mo auf die Bitte seiner Mutter und lässt Adonija töten – das Feld ist geräumt. Die Macht, die Batseba als Mutter des Königs hat, wird deutlich: Als sie den Raum betritt, geht er ihr entgegen und verneigt sich vor ihr. Dann nimmt er auf seinem Thron Platz und lässt für sie einen eigenen Thron bringen, der auf sei- ner rechten (= richtigen, wichtigen) Seite steht. „Königinmutter“ ist eine Amtsbezeichnung und mit eigenem politischen Status belegt. Sie ist als Ratgeberin geschätzt und kann damit kräftig mitmischen – übrigens bis heute (vgl. den engli- schen Königshof !). Batseba wird durch ihr Handeln in dem Thron- folgegeschehen zu einem wichtigen Glied in der Kette des israelitischen Volkes. Ihre Geschichte kann auch zeigen, dass sich Machtverhältnisse sehr rasch umkehren können: War zu Beginn sie die Ohnmächtige und David hatte die Macht, so ist es in 1 Kön 1–2 umgekehrt. Wenn der Evangelist Matthäus „die Frau des Urija“ und damit diese „unheilige“ Geschichte in seinen Stammbaum aufnimmt, dann wird damit die Bedeutung ihrer Rolle gerade im Hinblick auf ihre Aktivität als Königsmacherin betont. Eine Frau mischt mit im Ablauf der Männer­ geschichte. Ahnfrauen Jesu Ahnfrauen Jesu

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