Im Land des Herrn | 76. Jahrgang | 2022 - 3

3/2022 21 Aktuelle Lage Aktuelle Lage tieren. Die Mitbrüder leisten so einen wertvollen Beitrag für die jordanische Gesellschaft in Bezug auf Bildung und Kultur und stärken das friedvolle Zusammenleben zwischen den Christen und der muslimischen Mehrheit. Während der Pandemie mussten wir die Kirche und das gesamte Gelände auf dem Berg Nebo schließen. Nicht nur der wirtschaftliche Verlust machte uns dabei zu schaffen, können wir doch durch die Einnahmen an Eintrittsgeldern unse- re pastoralen und caritativen Aktivitäten finan- zieren; mit der Schließung hatten wir auch nicht mehr die Möglichkeit, den Menschen – und hier besonders auch den einheimischen Besuchern – das historische und biblische Erbe Jordaniens zu vermitteln. Nachdem fast die gesamte Bevölke- rung geimpft war, öffnete das Heiligtum endlich wieder seine Pforten für ausländische und lokale Gruppen – für uns eine große Freude.“ „Wenn ich für den Libanon von Armut gespro- chen habe, komme ich nicht umhin, von bitterer Armut zu sprechen, wenn ich mich auf Syrien beziehe“, begann Pater Firas seine Ausführun- gen zu Syrien. „Wir beginnen jetzt das zwölfte Jahr dieser Krise, die durch einen Krieg und alle denkbaren Folgen charakterisiert ist. Seit Beginn des Konflikts hat Syrien enorm viele Einwohner verloren, durch Tod und durch Flucht in ande- re Länder. Vor dem Krieg hatte Syrien 23 Millio- nen Einwohner, heute sind es etwa 18 Millionen. Somit hat das syrische Volk in diesen zwölf Jah- ren furchtbar unter dem Krieg und dem wirt- schaftlichen und sozialen Niedergang zu leiden gehabt. Nachdem die Kriegswaffen zum Schwei- gen gebracht wurden, ist in Syrien eine andere Art von Krieg ausgebrochen, der Krieg des Hun- gers, der Sanktionen und der Armut. Die Wirt- schaftssanktionen haben dazu geführt, dass das Land praktisch blockiert ist und keine Waren importieren oder exportieren kann. Erschwerend für diese ohnehin schon hoffnungslose Situation kommt dazu der russisch-ukrainischen Krieg, das Scheitern einer Einigung über die iranische Atommacht, die jüngsten türkischen Ankündi- gungen, 30 Kilometer auf syrisches Territorium vorzudringen, die regelmäßigen Bombenangriffe Israels, der Präsenz von fünf Armeen auf dem Territorium und die im Lande zurückgebliebe- nen Rebellen des ,Islamischen Krieges‘.“ Angesichts all dessen ist die Rolle der Franziska- ner noch wichtiger geworden. P. Firas dazu: „Es ist klar, dass unsere erste Pflicht als Christen darin bestand, wie der ,Barmherzige Samarita- ner‘ zu helfen. Die Franziskaner stehen immer an vorderster Front, um denen zu helfen, die in Not­ situationen leiden, unter Schmerzen und auch bis zumTod. In den letzten Jahren haben wir drei unserer Brüder verloren, zwei durch Covid und einen jungen Bruder durch einen tragischen Ver- kehrsunfall. Wie der heilige Paulus sind wir beru- fen, mit den Leidenden zu leiden und uns mit den Fröhlichen zu freuen. Das heißt für uns ganz konkret, die Hungernden mit Lebensmitteln zu versorgen, Häuser undWohnungen zu reparieren, mit Studienbeihilfen der jungen Generation zu helfen. Besonders zu erwähnen ist , unter welchen lebensbedrohlichen Bedingungen zwei Brüder im Gebiet der Rebellen des ,Islamischen Krieges‘ in der Region von Idlib leben: Pater Hanna Jal- louf und Pater Luai Bsharat. Sie leben in einem Gebiet, welches von diesen Truppen besetzt wur- de und welches sie selbst als ein großes Gefäng- nis bezeichnen. Diese beiden Franziskaner sind tatsächlich jeden Tag in Gefahr, ihr Leben zu riskieren. Sie bleiben dort, um die wenigen ver- bliebenen Christen zu unterstützen und für sie zu sorgen. P. Hanna und Fr. Luai tun so viel Gutes dank ihres Glaubens und auch dank der vielen Wohltäter und der vielen Organisationen, die uns unterstützen. Diese Unterstützung ist notwen- dig und unerlässlich, sonst würden die Christen (obwohl wir nicht nur Christen helfen) dort Hun- ger und Durst leiden, und die Verzweiflung wäre noch tragischer.“ Abschließend betonte P. Firas, dass diese Heraus- forderungen, die wir in diesen Ländern zu meis- tern hätten, unser wirklicher Auftrag als Franzis- kaner im Heiligen Land ist. Das Interview führte Filippo De Grazia, veröffentlicht in „Custodia Terrae Sanctae“

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