Im Land des Herrn | 76. Jahrgang | 2022 - 3

3/2022 31 twa 1000 Christen leben noch in Gaza – inmitten von zwei Millionen Moslems. Wie sieht ihr Alltag aus? Sonntagmorgen in einer namenlosen Straße im Zeitoun-Viertel in der Nähe des historischen Zentrums der Stadt Gaza. Es ist ruhig. Hinter einer hohen Mauer und einem mächtigen Tor verbirgt sich ein weißes, nüchternes und moder- nes Gebäude: die Kirche „Zur Heiligen Familie“. Der Sicherheitsmann ist misstrauisch: Nicht jeder darf hinein. Das Tor öffnet sich kurz für einen kleinen Wagen. Acht Personen steigen aus. Es ist zehn Uhr. In der einzigen katholischen Kirche der Enklave, die von Israel seit 2007 abge- riegelt ist, beginnt bald die Hl. Messe. Die Bänke sind spärlich besetzt. Die Christen von Gaza – einschließlich der Orthodoxen – sind 1000 an der Zahl, die Katholiken 134, darunter 14 Ordens- leute. Die Enklave hat zwei Millionen Einwohner, die meisten sind Moslems. Christen bilden eine verschwindend kleine Minderheit in dem am dichtesten bevölkerten Gebiet der Welt. Weihrauchschwaden steigen auf. Gewissermaßen ist das nur logisch, da die Stadt in der Antike am Ende von Handelsrouten aus Asien und Arabien lag. Plutarch nannte sie Aromatophora , die Par- fümspenderin. Später wurden ihre erlesenen Weine berühmt und im Römischen Reich sehr begehrt. Als Hafen am Mittelmeer und Dreh- kreuz zwischen Ägypten einerseits, Palästina, Afrika und Asien andererseits, wurde Gaza zum Bindeglied zwischen den Reichen und Nationen. Ein Sonntag in Gaza Samuel Forey Katholische Pfarrkirche von Gaza  © Petrus Schüler E

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