Im Land des Herrn | 77. Jahrgang | 2023 - 2

12 2/2023 rstaunlich ist, dass sich gerade an diesem unzweifelhaft durch Jesu Wirken geheiligten Platz die Nachricht vom Haus der Großeltern Jesu, Joachim und Anna, und der Geburt Mariens festgesetzt und in einer Kirche der Gottesmutter konkretisiert hat. Das würde ja bedeuten, dass Jesus den Kranken in unmittelbarer Nachbarschaft des Hauses seiner Großeltern geheilt hätte. Der Evangelist lässt davon nicht das Geringste verlauten. Doch kann man in Betracht ziehen, dass nach den Evangelien die Blutsverwandtschaft wenig zählte, man beachte etwa die scheinbare Zurückweisung Mariens bei der Hochzeit zu Kana (Joh 2,4). Diese Tradition kommt offensichtlich vom Protoevangelium („Vorevangelium“) des Jakobus her, einer legendenhaften Schrift aus der Zeit um 150 n. Chr., die von der Kirche nicht als Heilige Schrift anerkannt wird, in der Frömmigkeits- und Kunstgeschichte aber dennoch eine sehr große Rolle spielt. Diese Schrift legt Wohnort und Haus von Joachim und Anna, den Eltern Mariens, zwar auch nicht fest, setzt aber die Nähe des Tempels voraus. Und da nach dieser Erzählung Joachim ein wohlhabender Herdenbesitzer war, lag der Bezug zum Schafteich nahe. Man erklärte sich den Namen des Teiches damit, dass hier die Schafe gewaschen wurden, die für die Opfer im Tempel bestimmt waren. Auch theologische Erwägungen mögen eine Rolle gespielt haben, da ja Maria, die den Gottessohn Jesus unter ihrem Herzen trug, so zu einem Tempel Gottes geworden war, so dass die Nähe zum (jüdischen) Tempel Gottes nahelag. Historisch fassbare Zeugnisse über die Herkunft Mariens haben wir nicht – in den biblischen Evangelien werden nicht einmal die Namen ihrer Eltern erwähnt. Eine konkurrierende Tradition gibt es in Sepphoris, wenige Kilometer von Nazaret entfernt. Und vielleicht stammte sie ja auch aus Nazaret selbst, die Verkündigung könnte im Elternhaus der noch unverheirateten Maria stattgefunden haben. Die Kreuzfahrer jedenfalls störten sich nicht an der Doppeltradition, sie errichteten sowohl in Sepphoris als auch hier Kirchen, die der hl. Anna geweiht waren. Die St.-Anna-Kirche besticht durch ihre monumentale Schlichtheit: Die Kirche St. Anna am Teich Betesda Heinrich Fürst – Gregor Geiger Blick in das Innere der Kreuzfahrerkirche St. Anna E

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