IM LAND DES HERRN 24 2/2023 Stielbrille – wohl die erste plastische Darstellung einer Brille – und rührt eifrig in einem Salbgefäß. Die ursprüngliche Grabdarstellung ist leider seit der Reformationszeit nicht mehr erhalten. Bis heute wird das Heilige Grab in der Liturgie genutzt, wenn auch nicht mit einem „Liturgischen Osterspiel“ wie in vergangenen Jahrhunderten. In der Karwoche werden hier die Trauermetten gebetet und am Karfreitag das Allerheiligste ausgesetzt. In früheren Jahrhunderten war das Heilige Grab Ziel von Wallfahrten: eine Möglichkeit für alle, die sich eine Wallfahrt in das Heilige Land nicht leisten konnten. Und natürlich spielte das Gewinnen von Ablässen dabei eine nicht unwesentliche Rolle. Einer, der ganz sicher den Grabbau in der Mauritius-Rotunde kannte und der vielleicht auch dadurch Inspiration zu seiner Heilig-Land-Pilgerreise bekam, war der bekannte Konstanzer Bürger Conrad Grünenberg (auch: Konrad Grünemberg), gestorben 1494. In der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe wird der Bericht seiner 22-wöchigen Pilgerfahrt ins Heilige Land mit guten kolorierten Zeichnungen aufbewahrt (vollständige Handschrift siehe: Konrad Grünemberg „Von Konstanz nach Jerusalem“ Lambert Schneider Verlag, 2015). Die Ölbergkapelle in Kreuzlingen ur etwa drei Kilometer Luftlinie vom Konstanzer Münster entfernt liegt auf der Schweizer Seite des zusammengewachsenen Stadtgebietes in der Stadt Kreuzlingen die Pfarr- und ehemalige Klosterkirche St. Ulrich und Afra. Die Kirche war Klosterkirche eines Augustiner-Chorherrenstiftes (1120–1125 gegründet, 1848 aufgehoben) und birgt in ihrem Inneren außer der festlichen barocken Pracht ein wunderbares Zeugnis tiefer christlicher Verehrung: die Ölbergkapelle oder auch Heiligkreuzkapelle. Dominierend in dieser Seitenkapelle ist ein großes, aus der Mitte des 14. Jahrhunderts stammendes Kruzifix, welches schon in den Vorgängerbauten der heutigen Kirche am Hochaltar aufgestellt war und alle Zerstörungen und Brände der Kirche überstanden hat und darum als wundertätig angesehen wird. Die Stadt Kreuzlingen hat ihren Namen und ihr Wappen von diesem Kreuz und seiner Kapelle. Doch der Mittelpunkt der Kapelle ist eine Art „Fastenkrippe“, bestehend aus Figuren aus Zirbelholz die allesamt die Passion Christi als Thema haben. 1759 übergab Jakob Hoffner dem Chorherrenstift den ursprünglichen Bestand der 320 Figuren der Passion Christi an das Chorherrenstift; schon damals war der Wert dieses wohl im alpenländischen Raum entstandenen „Barocktheater“ bekannt, denn Hoffner erhielt dafür eine 20-jährige Rente in Form von Brot und Mehl aus der Wundertätiges Kreuz in der Ölbergkapelle N
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