IM LAND DES HERRN 36 2/2023 gungen profitieren konnte als sein Vorgänger. Die Geburtskirche war vollständig restauriert und digitale Hilfsmittel waren sehr hilfreich, um auch die kleinsten Graffiti zu erforschen. Ein scharfes Auge Seine Augen sind sein bestes Werkzeug. An Stellen, an denen ein gewöhnlicher Mensch nur ein Geflecht aus verworrenen Linien wahrnimmt, entziffert Clément Dussart Buchstaben, Sätze und manchmal sogar ganze Texte: „Es gelingt manchmal, die Buchstaben zu entdecken, weil sie die durch die Bearbeitung des Steins geformten Linien unterbrechen“, erklärt er bescheiden. Als Absolvent der berühmten École des chartes (französische Hochschule für Urkundenforschung) widmete er sich zunächst der Analyse von Wandkritzeleien in Gefängnissen. „Im Schloss von Selles in Cambrai habe ich die Biographien von Gefangenen entdeckt, die diese im 14. und 15. Jahrhundert auf den Mauern eingeritzt hatten. Ich habe gemerkt, dass es überall Graffiti gab und dass deren Urheber sehr viel zur Analyse der Geschichte des Ortes beigetragen haben.“ Er gibt dennoch zu, dass man auch Glück haben muss, um Graffiti zu entdecken. „Ich habe eines im Narthex der Geburtskirche ausfindig gemacht, als ich auf jemanden wartete. Dabei hatte ich diese Mauer schon ein Dutzend Mal betrachtet. Wenn man nach Einschnitten sucht, sieht man die Einritzungen nicht. Das Licht spielt auch eine große Rolle“, erklärt der Forscher, der den schlechten Erhaltungszustand einiger Graffiti beklagt. „Ich weiß nicht, ob ich sie alle werde entziffern können.“ Die Säule, vor der er im Hauptschiff der Geburtskirche steht, macht ihn ratlos. Sein scharfes Auge hat einen Text identifiziert, der über mindestens drei bis vier Zeilen läuft. „So etwas gibt es nie“, sagt er. Aber die Buchstaben sind zu dünn und in einem zu schlechten Zustand, um mit bloßem Auge entziffert zu werden. Mit Mühe erkennt er ein „e“ und ein „t“, zwei BuchDussart bei seinen Forschungen in einer armenischen Kapelle der Grabeskirche ©MAB CTS
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