2/2023 37 auch vermerkt: „Meist befinden sie sich gegenüber der Eingangstür. Man spürt, dass die Graffiti beim Betreten der Basilika zu den ersten Handlungen der Pilger gehörten.“ Innerhalb von drei Monaten entdeckte Dussart in der Geburtskirche in Betlehem etwa 50 neue Graffiti in lateinischer Schrift, mehr als 80 in der Grabeskirche in Jerusalem und einen neuen Türsturz im Hospiz der Franziskaner in Ramla. In Betlehem gehen die ältesten Graffiti auf das 9. Jahrhundert zurück. Sie sind nicht sehr zahlreich, da damals nur wenige Leute schreiben konnten, hauptsächlich Gelehrte und Mönche. Auf einer Säule in der Nähe des Chors gelang es ihm, „memento domine famulo tuo fust( )ene“. „Memento domine, d. h. ‚Gedenke, Herr‘, ist eine im 9. Jahrhundert geläufige fromme Formulierung in direkter Kontinuität mit den griechischen Inschriften, die genau dieselbe Formel benutzten“, erklärt der Doktorand. Mobilität im Mittelalter Die Zeit der Kreuzzüge weist nicht viele Inschriften auf. „Wir haben nur fünf bis zehn“, so Dussart. Manchmal sind sie schwierig zu datieren. Er fand zum Beispiel ein „†ave mar“ (Ave Maria) aus miteinander verbundenen Punkten auf der linken Wand der Geburtsgrotte. Er hat geschätzt, dass sie aus dem 11. bis 13. Jahrhundert stammen. „Warum sind nur wenige Inschriften aus dieser Zeit zu finden, obwohl viele Lateiner ins Heilige Land kamen?“ Dussart schwankt zwischen der Hypothese eines anderen Belags, der inzwischen von einigen Mauern der Basilika beseitigt worden sein könnte, und der einer überholten Praxis. Zu den markantesten Entdeckungen zählen die Graffiti, die sich wiederholen. Im Kreuzgang der Geburtskirche fand er dasselbe Wappen und denselben Namen („Staufer“) wie in der Franziskanerkirche in Ramla. „Man kann staben, die es ihm erlauben, die Inschrift fast sofort zu datieren. „Nach der Art, wie sie geformt sind, zu urteilen, würde ich die Inschrift auf das 13. oder 14. Jahrhundert datieren. Jede Epoche hat ihren eigenen Stil“, so Dussart. Die Erfassung der Inschriften erfolgt gewissenhaft und sorgfältig: für jede misst er die Größe der Buchstaben, die der Inschrift und ihre Höhe vom Boden aus, bevor er sie fotografiert. Die Bilder sind auch ein Mittel, die Grenzen des menschlichen Sehvermögens zu überwinden. Dadurch, dass die Aufnahmewinkel variiert werden können, kann der Forscher eine Widerspiegelung einfangen, die die durch die Gravur entstandenen Vertiefungen hervorhebt. Die Ausrichtung der Inschriften wird Wappen eines Kreuzfahrers in der Grabeskirche ©MAB CTS Graffiti-Jäger Graffiti-Jäger
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