Im Land des Herrn | 77. Jahrgang | 2023 - 2

2/2023 9 Die „Weißen Väter“ in Jerusalem Frans Bouwen ie „Weißen Väter“ kamen 1878 nach Jerusalem und leben seitdem im muslimischen Viertel der Altstadt. Seit mehr als 140 Jahren ist ihnen die Schutzherrschaft über die Kreuzfahrerbasilika der Heiligen Anna und über die biblische Stätte Betesda, Ort der Heilung des Gelähmten aus dem Johannes-Evangelium, anvertraut. Da der offizielle Name der „Weißen Väter“ „Missionare von Afrika“ lautet, stellt sich zu Recht die Frage: Wie kamen sie nach Jerusalem, das nicht gerade in Afrika liegt, und warum? Das offizielle Gründungsjahr der Gesellschaft der „Missionare von Afrika“ ist 1868. Ihr Gründer, Msgr. Charles Lavigerie, war ein Jahr zuvor Erzbischof von Algier geworden. Kurz nach seiner Ankunft war er mit einer dramatischen humanitären Situation konfrontiert, die durch Hungersnöte und verschiedene Krankheiten verursacht worden war. Er kümmerte sich um die Armen, vor allem um verlassene Kinder. Der dringende Bedarf an Mitarbeitern war der Ursprung der „Weißen Väter“ (White Fathers, WF). Sie erhielten diesen Namen aufgrund ihres Habits, der weißen Gandoura und dem Burnus, die der traditionellen Kleidung der Region ähneln. Ein Jahr später eröffnete Lavigerie auch das erste Noviziat der „Weißen Schwestern“, heute „Missionsschwestern Unserer Lieben Frau von Afrika“ genannt. Als Lavigerie die Diözese Nancy (Frankreich) verließ und seine Ernennung nach Algier annahm, hatte er eine Vision. Er wollte sich nicht nur um die kürzlich in Algerien angekommenen französischen Christen kümmern, sondern war entschlossen, die gesamte Bevölkerung des Landes zu erreichen. Darüber hinaus betrachtete er Algier als Tor zum gesamten afrikanischen Kontinent. 1876 schickte er eine erste Karawane mit drei „Weißen Vätern“ durch die Wüste nach Westafrika südlich der Sahara, aber sie wurden unterwegs ermordet. Zwei Jahre späD Kardinal Lavigerie, Gründer der Gemeinschaft der Weißen Väter, Büste vor dem Seminar St. Anna

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