Im Land des Herrn | 77. Jahrgang | 2023 - 3

3/2023 25 in griechischer und lateinischer Sprache jedem Nichtjuden das Betreten des heiligen Bezirks untersagen. Im Jahre 1870 wurde eine solche Inschrift unversehrt ausgegraben; sie lautet: „Einem Fremden ist es verboten, die den Tempel und seinen Hof umgebende Balustrade zu überschreiten. Wer dabei ertappt wird, wird angeklagt und zum Tod verurteilt.“ Nach Apg 21,28 f. hat man dem hl. Paulus vorgeworfen, er habe dieses Gebot missachtet, indem er den Griechen Trophimus in den Tempel mitgenommen habe. Lukas bemerkt allerdings dazu, dass dies nicht wirklich geschehen ist. Man hatte Paulus lediglich zusammen mit Trophimus in der Stadt gesehen und unterstellte ihm, er habe seinen heidnischen Freund in die verbotene Zone eingeschmuggelt. Diese Unterstellung führte dazu, dass Paulus verhaftet wurde und nahe daran war, von der wütenden Menge umgebracht zu werden. Übrigens wurde die Warnung der Balustraden-Inschrift auch von der römischen Besatzungsmacht sorgfältig beobachtet. Die Römer waren klug genug, unnötige Verletzungen der jüdischen Gefühle zu vermeiden. Das eigentliche Heiligtum Hat man den Vorhof und die Balustrade durchschritten, steht man vor dem eigentlichen Heiligtum, das einer rechteckigen Burg gleicht, die in west-östlicher Richtung ca. 150 Meter lang und 120 Meter breit ist. Durch das gewaltige Osttor, das sogenannte „Schöne Tor“, gelangt man in den „Vorhof der Frauen“, einen Hof von siebenundsechzig Metern im Quadrat, der (wie der Name sagt) für jüdische Frauen zugänglich ist. In der Nordwestecke dieses Hofes (der ganz von Säulenhallen umgeben ist), liegt das „Haus der Leprakranken“, d. h. ein Ritualbad für Menschen, die durch ein Wunder von dem als unheilbar geltenden Aussatz geheilt worden sind und sich diese Heilung von einem Priester bestätigen lassen. Bei Lukas 17,11–19 hören wir, wie Jesus einmal zehn Aussätzige heilte, indem er ihnen gebot: „Geht, zeigt euch den Priestern!“ – Wenn diese Heilung in der Nähe Jerusalems geschah, können wir annehmen, dass die Geheilten das eben beschriebene Haus im Frauenvorhof aufsuchten. An den Wänden des Frauenvorhofs waren übrigens auch die großen Opferstöcke angebracht, in die man die Gaben für den Tempelkult einwarf. Hier mag Jesus die „arme Witwe“ beobachtet haben, die nur zwei kleine Münzen spendete, mit diesem Wenigen aber ihr ganzes Eigentum und damit ihre ganze Existenz in die Hände Gottes legte (Lk 21,1–4). Vom Vorhof der Frauen führt das Nikanor-Tor über fünfzehn halbrunde Stufen in den „Vorhof der Männer“, der in Wirklichkeit nur ein schmaler Streifen an der Ostseite vor dem Brandopferaltar ist. An den Festtagen herrscht hier ein gewaltiges Gedränge. Das Paschaopfer wird in drei Schichten gefeiert, damit die große Zahl der Fragment eines der „Verbots-Steine“, Israel-Museum Jerusalem Alltag zur Zeit Jesu Alltag zur Zeit Jesu

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