Im Land des Herrn | 77. Jahrgang | 2023 - 3

26 3/2023 IM LAND DES HERRN männlichen Pilger wenigstens nacheinander an der Liturgie teilnehmen kann. Hinter dem Brandopferaltar erhebt sich der eigentliche Tempelbau, der nach dem Vorbild des salomonischen Tempels in Vorhalle, Haupthalle und das Allerheiligste gegliedert ist. Das Allerheiligste ist ein dunkler, fensterloser Raum von zehn Meter Länge und Breite. Mit Ausnahme von zwei Vorhängen, die ihn von der Haupthalle trennen, ist dieser Raum leer. Er darf von niemand betreten werden. Nur am Versöhnungstag geht der Hohepriester in das Allerheiligste hinein, um die Sühnehandlung für ganz Israel zu vollziehen. Die Bundeslade, die einst im Allerheiligsten gestanden hatte, war bei der Zerstörung Israels durch die Babylonier 587 v. Chr. verloren gegangen. Als man nach der babylonischen Gefangenschaft den Tempel wieder aufbaute, ließ man ihren Platz leer. Von da an wurde das Blut des Bockes, der am großen Versöhnungstag vom Hohenpriester für die Sünden Israels dargebracht wurde, statt an die Lade an den Stein gesprengt, auf dem einst die heilige Lade gestanden hatte. Die Haupthalle vor dem Allerheiligsten ist zwanzig Meter lang. In ihr befinden sich die Menora (siebenarmiger Leuchter), der Tisch mit den Schaubroten und der Räucheraltar. Die äußeren Dimensionen dieses zentralen Heiligtums des Volkes Israel sind beeindruckend. Sie übertreffen den heutigen „Felsendom“ beträchtlich: Der jüdische Tempel ist fünfzehn Meter höher als der Felsendom und seine Fassade rund zehn Meter breiter. Zwei „weihnachtliche“ Szenen Im Zusammenhang mit unserer Tempelbeschreibung seien zwei Ereignisse erwähnt, die der Kindheitsgeschichte Jesu angehören: Die Darstellung des Jesuskindes und die Auffindung des Zwölfjährigen im Tempel. Nach Lukas wird der neugeborene Gottessohn acht Tage nach seiner Geburt beschnitten und erhält dabei den von Gott vorherbestimmten Namen Jesus. Für Maria aber gilt nach dem jüdischen Reinigungsgesetz: „Wenn eine Frau niederkommt und einem Knaben das Leben schenkt, bleibt sie sieben Tage unrein (d. h. von gottesdienstlichen Veranstaltungen ausgeschlossen). Nach der Beschneidung des Kindes bleibt sie noch dreiunddreißig Tage wegen ihrer Reinigungsblutung zuhause. Sie darf nichts Geweihtes (z. B. Opferfleisch) berühren und nicht das Heiligtum betreten, „bis die Tage ihres Reinigungszustands vorüber sind“ (vgl. Lev 12,1–4). Als Ort des Reinigungsopfers gilt für die damalige Zeit (in Jerusalem und in Judäa) ein Platz nahe dem Nikanortor an der Ostseite des Frauenvorhofes. – Für den Vollzug des Reinigungsopfers würde das Erscheinen der Tisch mit Schaubroten und Räucheraltar, Modell des Tempels im Bibelhaus Frankfurt

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