32 3/2023 Auf dem Wasser gehen Paul Zahner OFM ines der romanischen Kapitelle aus dem Ende der Kreuzfahrerzeit im Museum in Nazareth zeigt die Szene, in der Petrus auf dem Wasser geht und einzusinken droht. Jesus, der vor ihm auf dem Wasser steht und geht, versucht ihn an seiner Hand zu halten, damit er nicht einsinkt. Wir betrachten dieses Kapitell genauer. Jesus sandte seine Jünger eines Tages mit dem Schiff über den See Genezareth, damit er sich selber von den Leuten, die ihm bei der Predigt zuhörten, verabschieden konnte und sich dann auf einen Berg zurückzog, um für sich allein zu beten (vgl. Mt 14,22–33). Mitten in der Nacht kam Jesus durch einen unruhigen See auf dem Wasser gehend zum Schiff, so dass die Jünger vor Angst schrien und meinten, es sei ein Geist. Das stimme nicht, so sagt der Ozeanologe Doron Nof von der Universität Miami, Jesus sei nicht auf dem Wasser gegangen, sondern auf einer Eisschicht, die sich auf dem Wasser gebildet hätte und die oberflächlich von Wasser bedeckt war. Und so konnte er über das Eis auf dem Wasser gehen. Dies erklärt er mit meteorologischen Einsichten, da die Gegend damals wesentlich kälter war als heute. Die Jünger hätten sich einfach getäuscht. Die Wahrheit der Angst Wie das genau war, weiß ich nicht. Sicher aber ist, dass die Jünger große Angst hatten und vor Angst sogar schrien. Wenn wir Petrus auf dem Kapitell betrachten, sehen wir sofort, dass er dem Petrusbild im letzten Artikel („Der erschrockene Apostel“) ähnlich ist: Es ist wiederum ein Petrus der Angst. Zwar geht er nach dem Ruf Jesu, dass er doch auch auf das Wasser kommen soll und darauf gehen könne, mutig vorwärts. Der eine Fuß steht sicher auf dem Wasser und geht Jesus entgegen, den wir auf dem Bild nicht sehen. Er ist sozusagen auf der weiterführenden Seite des Kapitells. Petrus hat sehr großen Mut, dem Wort Jesu einfach zu vertrauen und das Unmögliche zu tun. Doch dann bekommt er selber Angst, obwohl er Jesus sieht. Der zweite Fuß ist schon im Wasser und taucht unter. Petrus versinkt. Sein grenzenloser Mut wird in die bedrohliche Wahrheit der Angst verwandelt – von einem Moment auf den Anderen. Im Wasser versinken Die Frage, warum Petrus untergeht, mag zwar – nach dem amerikanischen Forscher – sehr leicht damit zu erklären sein, dass er auf dem Weg die undichte Eisschicht verpasst und plötzlich auf dem Wasser steht und somit einzutauchen beginnt. Aber die wahre Frage ist die, woher jetzt seine Angst kommt und wieso er alles Vertrauen von einem Moment auf den Anderen verliert. Er zieht sein Gewand hoch, damit es nicht nass wird beim Gehen über das Wasser. Aber plötzlich droht er einzusinken und dann ist all diese Vorsicht völlig umsonst. Plötzlich spürt er nur noch das Wasser und kann sich selber unmöglich halten. Sein Blick aber bleibt auf Jesus ausgerichtet und seine zweite Hand versucht Jesus zu greifen, damit er selber nicht einsinkt. Petrus schreit: „Herr, rette mich!“ Vielleicht ist es dieser entscheidende Moment, der im Bild dargestellt wird. Der im Wasser Versinkende schreit in seiner Angst … und wird dann von Jesus sicher gehalten. Vertrauen durchschreitet die Angst Jesus nennt Petrus darum „Kleingläubiger“. Er will alles und wagt das Unmögliche, dann aber zweifelt er und wird vom Wasser fast verschlungen. Nur sein Schrei gegenüber Jesus vermag ihn zu retten. Im Zweifel beginnt er zu vertrauen. Der zweite Bildausschnitt mit dem Schiff ist eindrücklich. Er ist E
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