Im Land des Herrn | 77. Jahrgang | 2023 - 4

IM LAND DES HERRN 20 4/2023 Hotel an einem Platz ersten Ranges errichtete: das Grand New Hotel am Jaffator. Ursprünglich war das Hotel zweistöckig gebaut. Das Erdgeschoß wurde an Handwerksbetriebe und Handelsunternehmen vermietet. Wie bereits erwähnt, florierte die Gegend um das Jaffator im ausgehenden 19. Jahrhundert. Der Grundriss des New Imperial Hotels ist einzigartig in der Altstadt. Vier Arkaden führten zu einem zentralen Hof. In diesen Arkaden wurden orientalische Waren und touristische Souvenirs angeboten. Das machte das Hotel zur modernsten und attraktivsten Einkaufspassage der damaligen Zeit. Die Architektur des Gebäudes wirkt sehr majestätisch und recht europäisch: Hohe, große Fenster, Balkone an der Vorderseite, der Haupteingang mit neoklassizistischen Säulen, die jeweils ein kleines Satteldach tragen, wirken repräsentativ. Bevor das zweite Stockwerk um 1897 aufgesetzt wurde, befand sich über dem roten Ziegeldach eine hölzerne Sonnenterrasse. Während der Bauarbeiten wurde an dieser Stelle eine Säule aus der Römerzeit ausgegraben. Eine Inschrift weist darauf hin, dass es sich um einen römischen Armeestützpunkt der zehnten Legion gehandelt hat. Die Familie Dajani Seit 1948 wird das Hotel von der Familie Dajani geführt. Die Geschichte der Familie lässt sich über 700 Jahre zurückverfolgen. Ihre Ursprünge liegen auf der arabischen Halbinsel. Damals zogen Teile der Familie nach Spanien und kämpften dort auf Seiten der christlichen Reconquista in Andalusien. Aus diesem Zweig ging Ahmed Dajani (1495–1561) hervor, der sowohl Scheich in Marokko als auch zu einem bedeutenden Sufi-Führer wurde. Wegen seiner besonderen Verdienste ernannte ihn der osmanische Sultan während einer Pilgerreise nach Jerusalem zum Verwalter des Davidsgrabes. Die Erinnerung an diese Anfänge wird von der Familie bis in die Gegenwart gepflegt. Heute existieren viele Familienlinien, die über Nordafrika, Palästina und – als Folge des arabischisraelischen Konflikts – über die ganze Welt zerstreut sind. Um ihre Stellung als Verwalter des Davidsgrabes zu unterstreichen, gaben sich die Nachkommen von Ahmed Dajani den Beinamen Daoudi, die arabische Bezeichnung für David. Als Hüterin des Grabes Davids war die Familie Dajani auch für den Saal des Letzten Abendmahles verantwortlich, der sich direkt über dem Grab Davids befindet. Im Laufe der Jahre erwarb der Daoudi-Clan immer mehr Land rund um das Grab und siedelte sich auf dem ganzen Berg Zion an. Das Land gehörte bis zur Enteignung durch den osmanischen Sultan dem römisch-katholischen Franziskanerorden. Der seit über 400 Jahren etablierte Daoudi-Clan wurde so etwas wie die Jerusalemer Aristokratie erster Klasse mit viel Einfluss und Macht in der Stadt. Viele der Familienangehörigen bekleideten politische Römische Säule im Innenhof des Hotels, gut lesbar LEGi(onis) X FR(etensis), ein Hinweis auf die hier in der Nähe stationierte römische Legion

RkJQdWJsaXNoZXIy NDQ1NDk=