4/2023 29 stein für den Bau gelegt wurde, gab es schon eine kleine gotische Kapelle, welche später in ein Mesnerhaus umgewandelt wurde. Noch während der Bauarbeiten an der Abteikirche wird 1716 der Grundstein der Kapelle gelegt und das Patrozinium festgelegt: Heiliges Kreuz, Heiliges Grab und alle Märtyrer. Es war wohl die Absicht des Abtes Benedikt Knittel, hier eine Wallfahrtsstätte mit einem Kreuzweg anzulegen, doch zur Realisierung dieses Planes kam es nie. Trotzdem vermittelt die Anlage eine imposante Wirkung, die Anhöhe mit der Kapelle wirkt architektonisch als Gegenstück zur Abteikirche im Tal. Auch die Turmform korrespondiert mit den Türmen der Abteikirche. In früheren Zeiten hatte die Anlage eine noch stärkere Wirkung, denn der Kreuzberg war frei von Bäumen von Weitem her zu sehen. 1788 wurde dann der Friedhof des kleinen Klosterdorfes hierher verlegt und mit der Zeit wurden viele Bäume um den Komplex gepflanzt. Der Architekt Bernhard Schiesser, der zur gleichen Zeit die Abteikirche baut, entwirft einen hohen Zentralbau (Oktogon) über einer Krypta. Man könnte meinen, dass er damit die Anlage des Heiligen Grabes in Jerusalem imitiert. Wie in der dortigen Grabeskirche wird der zentrale Innenraum durch die umlaufenden Emporen unterstrichen. In der recht dunklen Jerusalemer Grabeskirche wird das Licht durch die große Öffnung in der Kuppel direkt auf das Grab Christi geführt. Hier in Schöntal gibt es nur eine kleine Tambourkuppel und das meiste Licht tritt von den Emporenseiten her in den Raum. Nicht das Vorbild in Jerusalem bestimmt damit die Anlage, viel mehr wird eine helle, strahlende Raumhülle entworfen. Und anders als in Jerusalem bleibt die eigentliche Mitte des Raumes leer: der Innenraum besitzt nur einen schlichten barocken Altar in einer der Fensternischen. Die innere Raumhülle wird vom Stuck geprägt (Francesco Quadri), auf fast 20 Meter Höhe begegnet uns dann ein Zyklus von Fresken, die alle biblische Geschichten erzählen. Und es sind (fast) alle österliche Geschichten, zum Beispiel der Gang nach Emmaus, die Himmelfahrt Christi, die Begegnung des Auferstandenen mit Maria Magdalena, die Begegnung des Auferstandenen mit Thomas, das Pfingstereignis. Das Programm entwirft der Abt selbst, die Ausführung besorgte der Maler Christian Flade, der dafür Vorlagen aus der Klosterbibliothek benutzt. Mesnerhaus Inneres der Kapelle Kloster Schöntal Kloster Schöntal
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