Im Land des Herrn | 77. Jahrgang | 2023 - 4

30 4/2023 IM LAND DES HERRN Nun wird das Gesamtkonzept des Raumes deutlich: ein festlicher, lichtdurchfluteter Raum mit österlichen Themen erhebt sich über einem Untergeschoß, der das eigentliche Heilige Grab darstellt. Von außen betritt man die Unterkirche vom Friedhof her, dem Endpunkt eines Kreuzweges, der leider nie realisiert wurde. Auch dieser Raum ist eigentlich leer und hat seinen Mittelpunkt in einem Grab im Boden, in dem sich eine Figur des toten Christus befindet (die im Bild sichtbaren seitlichen Figuren gehören eigentlich zu einer Ölberg-Gruppe).In der Mitte des Raumes bildet eine verglaste Öffnung die Verbindung zur oberen Kapelle. Die Heilig-Grab-Kapelle auf dem Kreuzberg in Kloster Schöntal ist kein Nachbau des Jerusalemer Originals, das war auch zu dieser Zeit nicht mehr üblich. Aber die Anlage gibt dem Betrachter die Möglichkeit, das Leiden des Herrn, seinen Tod und die Grablegung nachzuempfinden: das Grab ist nicht der Endpunkt: über der dunklen Grabeshöhle öffnet sich ein strahlender österlicher Raum und in der Kuppel ist förmlich „der Himmel offen“. Kehren wir nun zurück in den Ort, der den Namen „Kloster Schöntal“ übernommen hat: das Zisterzienserkloster wurde 1802 aufgelöst, heute beherbergt das großzügige barocke Gebäude ein Bildungshaus der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Die einstige Abteikirche ist Pfarrkirche und beherbergt ein anderes bemerkenswertes Heiliges Grab: im südlichen Querhaus erhebt sich eine hölzerne Nachbildung in Form eines Felsens: dieses Grab (geschaffen 1790 durch Georg Schäfer) wurde wie in an vielen anderen Orten bis 1955 für die Liturgie benutzt, dann erschien es nicht mehr zeitgemäß und wurde aus dem Raum verbannt. Erst in letzter Zeit wurde es mustergültig restauriert und wird heute wieder in den Kar- und Ostertagen benutzt. Wie schon vor 200 Jahren kann man das Ostergeschehen leibhaftig erleben, denn die Grabeshöhle lässt sich öffnen und gibt den Blick frei auf einen hölzernen Leichnam Christi. Mit Kerzen und farbigen Lampen wird eine mystische Lichtwirkung erreicht. Der obere Teil des Blocks über einer Nische für das Allerheiligste zeigt einen Engel der dem Betrachter zurufen möchte: „Er ist auferstanden, er ist nicht hier. Seht, das ist die Stelle, wo man ihn hingelegt hat.“ (Markus 16, 6) Heiliges Grab in der Abteikirche Inneres der Unterkirche

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