1/2024 15 ist heute eine Rumpelkammer. Verlässt man den Abendmahlssaal auf der dem Eingang gegenüberliegenden Seite, kommt man auf eine Terrasse. Man kann von hier aus, vorbei am Minarett der Moschee, auf das Dach des Saales steigen und hat von hier aus eine gute Aussicht: Nach Norden sieht man, alles überragend, die Dormitiokirche der Benediktiner, rechts daneben das benachbarte Franziskanerkloster Cenacolino, dahinter die Altstadt mit der armenischen Jakobuskirche, rechts davon die weiße Kuppel der Hurva-Synagoge und, teilweise durch Bäume verdeckt, den Felsendom und die al-Aqsa-Moschee sowie dahinter den Ölberg. Im Osten erkennt man die arabischen Stadtteile Silwan und (hinter der Mauer) Abu Dis, bei klarem Wetter auch die jordanischen Berge. Direkt nördlich und östlich schließt sich an den Abendmahlssaal der muslimische Friedhof der Dadschanifamilie an, südlich der spätmittelalterliche Kreuzgang des Franziskanerklosters. Im Westen liegt, teilweise durch das Benediktinerkloster und den Glockenturm verdeckt, die West-Jerusalemer Neustadt mit dem auffälligen King-David-Hotel. Steigt man von dieser Terrasse aus hinab, kommt man in den alten Franziskanerkreuzgang. Von diesem aus betritt man den Raum unter dem Abendmahlssaal, in dem das Grab Davids verehrt wird. Das Davidsgrab Ein Davidsgrab an diesem Ort widerspricht klar dem alttestamentlichen Zeugnis: „David entschlief zu seinen Vätern und wurde in der Davidstadt begraben“ (1Kön 2,10). Heute weiß man, dass die Davidstadt den Westhügel der römischen und byzantinischen Stadt, den heutigen Zion, nicht mit einschloss. Freilich hatte man dieses Wissen im Mittelalter nicht, so ist ab dem 10. Jh. hier von einem Davidsgrab die Rede, und zwar in einem Raum rechts der Apsis der byzantinischen Kirche. Der Grund für diese Lokalisierung dürfte die – hier gehaltene – Pfingstpredigt des Petrus sein: Brüder, ich darf freimütig zu euch über den Patriarchen David reden: Er starb und wurde begraben und sein Grabmal ist bei uns erhalten bis auf den heutigen Tag (Apg 2,29). Es ist freilich schwer vorstellbar, dass das Grab von König David im 1. Jh. n. Chr. direkt neben einem Gebäude lag, dessen Obergeschoss ein, wenn auch wohlhabender, Privatmann Jesus und seinen Jüngern zum Paschamahl zur Verfügung stellen konnte. „Bei uns“ sollte wohl eher als „in unserer Stadt“ verstanden werden und nicht als Hinweis auf eine unmittelbare Nähe. Ein Teil des Gemäuers des Davidsgrabes kann in die Römerzeit datiert werden. Ein interessantes Detail ist die Apsis (heute hinter dem Kenotaph). Ihr Zweck ist rätselhaft; sie liegt 1,90 m über dem gepflasterten Boden (60 cm tiefer als der heutige Fußboden). Sie kann also keine Altarapsis sein und nur schwerlich ein Toraschrein. Ostseite des Abendmahlssaales, die großen römischen Blöcke sind im unteren Teil erkennbar Der Abendmahlssaal Der Abendmahlssaal
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