Im Land des Herrn | 78. Jahrgang | 2024 - 2

IM LAND DES HERRN 28 2/2024 Kehren wir nach dieser Erläuterung wieder zu unserer Hauptfigur zurück. Göttlicher Lebensatem Mit der Formung des Menschen aus Erde hat der biblische Schriftsteller ein Motiv aufgegriffen, das in seinem Kulturkreis gut bekannt und weit verbreitet war. Schon immer wusste man, dass der Mensch seinem Leib nach ein „Erdenkloß“ ist, und dass er im Tod, wenn er zu Staub zerfällt, wieder zur Erde zurückkehrt. Anders steht es mit der zweiten Aussage, die wir über „Adam“ hören: Gott hat ihm zur Belebung „seinen Odem in die Nase geblasen“. – Dieses Bild ist absolut originell. Wir finden es nirgends in den Schöpfungserzählungen der Alten Welt. Es mag vordergründig naiv erscheinen, macht aber auf eindrucksvolle Weise deutlich, dass „Adam“ mehr ist als was sein Name besagt. Er gehört nicht nur dieser Erde an, sondern ist zugleich auf Gott hin angelegt. Sein Wesen drängt über diese Welt hinaus, denn es waltet in ihm eine göttliche Lebenskraft. Diesen Zug hat der jüngere Schöpfungsbericht auf eine vergeistigte Weise ausgedrückt, indem er sagt: Der Mensch ist als Ebenbild Gottes erschaffen worden. Mann und Frau tragen gewissermaßen die Züge des Schöpfers. – Das erhebt sie über alle Lebewesen, es macht sie zu Herren der Erde, nimmt sie aber auch in die Pflicht, sich vor Gott und seiner Schöpfung zu verantworten. Der ältere Bericht beschreibt die Berufung des Menschen wieder ganz konkret und bildhaft. Gott legt für den Menschen einen wunderschönen Garten mit allerlei Fruchtbäumen an. Dieses Paradies ist jedoch kein Schlaraffenland für Müßiggänger. Der Mensch muss darin arbeiten, denn ohne eine geregelte und sinnvolle Beschäftigung ist nach Auffassung unseres Autors kein erfülltes Menschsein möglich. – Anders gesagt: Wenn Gott schöpferisch ist, kommt es auch dem Menschen (als Gottes Abbild) zu, etwas hervorzubringen und für seine Werke die Verantwortung zu übernehmen. Auf Partnerschaft angelegt Mit dem Blick auf Adam stellt Gott fest: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein bleibt. Ich will ihm deshalb eine Hilfe machen, die ihm entspricht“ (Gen 2,18). Für alle modernen Tierfreunde ist es nun sehr sympathisch, dass Gott dem ersten Menschen zunächst Tiere als mögliche Partner anbietet. Er schafft die Tiere und führt sie Adam zu. Und dieser findet sie gut und nützlich und gibt jedem seinen Namen. Aber er kann in keinem Tier ein gleichberechtigtes, ein partnerschaftliches Wesen erkennen. Der biblische Text sagt: „Eine Hilfe, die ihm wirklich entsprach, fand Adam in den Tieren nicht.“ Volksaltar der Stiftskirche Herzogenburg, NÖ: Eine selbstbewusste Eva, ein in Überlegung versunkener Adam und ein Kind als Brücke zur Menschheitswerdung – eine moderne Darstellung der Schöpfungsgeschichte Adam und Eva im Paradies, Emporenmalerei in St. Bonifatius, Sömmerda

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