2/2024 29 Die „entsprechende Hilfe“ muss ein Wesen sein, das ein Gegenbild oder Gegenstück zu Adam darstellt. Sie muss ihm in jeder Beziehung gleichen, wie ein Spiegelbild sozusagen, dass sich auf den gesamten Menschen bezieht, ihn also nicht nur körperlich (in sexueller Hinsicht z. B.) ergänzt, sondern auch geistig und seelisch. Aus Adams Rippe Der ältere Bericht erzählt nun, dass Gott über Adam einen Tiefschlaf kommen ließ und aus einer seiner Rippen die erste Frau gebildet hat. – Dieses Bild ist oft missverstanden und ironisch gedeutet worden: Die Frau sei von ihrem Ursprung her vom Mann abhängig und weniger wert als er. – Der Text will aber etwas Anderes ausdrücken. Das hebräische Wort für Rippe bedeutet auch Seite. Mit anderen Worten: Weil die Frau dem Mann zur Seite stehen soll, wurde sie aus seiner Seite genommen. Sie ist für ihn nichts Fremdes, sondern „ein Stück von ihm“. Schon im Altertum haben jüdische Schriftausleger darauf aufmerksam gemacht, dass die Rippen dem Herzen besonders nahe sind, d. h. dass die Frau dem Mann „am Herzen liegt, bzw. liegen soll“. Der biblische Adam bricht jedenfalls, als er seine Gefährtin zum ersten Mal erblickt, in die begeisterten und in rhythmischer Sprache gehaltenen Worte aus: „Das endlich ist Bein von meinem Bein und Fleisch von meinem Fleisch“ (Gen 2,23). Und dann kommt im Hebräischen noch ein Wortspiel, das wir im Deutschen kaum nachahmen können. Adam sagt: „Ischah (Männin) soll meine Gefährtin heißen, denn vom isch (Mann) ist sie genommen.“ Wieder wird also Gleichrangigkeit und Wesensverwandtschaft von Mann und Frau betont. Weil Mann und Frau aus einem Fleisch sind, streben sie danach, auch wieder „ein Fleisch zu werden“. Dies bezieht sich zunächst auf die sexuelle Vereinigung, meint aber im biblischen Verständnis (wo „Fleisch“ den ganzen Menschen mit Leib, Seele und Geist bezeichnet) mehr als einen körperlichen Vorgang. Mann und Frau sollen – wie eine deutsche Redensart es ausdrückt – „ein Leib und eine Seele sein“. Das harmonische Verhältnis zwischen beiden wird dann mit den Worten umschrieben: „Beide waren nackt, aber sie schämten sich nicht voreinander“ (Gen 2,25). – Die Fachleute erklären uns, dass man (ähnlich wie den Begriff „Fleisch“) das „Nacktsein“ und „Sichvoreinander-Schämen“ nicht auf das Sexuelle verengen darf. Es geht auch hier wieder um den ganzen, d. h. auch um den inneren Menschen. Nacktsein Erschaffung Evas, Chorfenster im Berner Münster Adam und Eva Adam und Eva
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