IM LAND DES HERRN 32 3/2024 gen Grabes in Deutschland“ (Dalman 1922, S. 81). Dalmans spiritueller Zugang war keine Einzelmeinung und bewahrte dem Ensemble in Görlitz bis heute alljährlich wiederkehrende liturgische Feiern. Zur Geschichte des spätmittelalterlichen Bauensembles in Görlitz 1. Das Grab Die vor gut 500 Jahren errichtete Anlage in Görlitz besteht aus einer zweigeschossigen Kreuzkapelle, einem kleinen Häuschen mit der Salbungsstelle und dem Grabmonument. Sie ist mit einem nachträglich angelegten Ölberg verbunden, der in die Landschaftstopographie eingefügt ist. Dieses auf drei Memorialorte verteilte Ensemble auf freiem Gelände ist außergewöhnlich. Andere Grabkopien vereinen die drei Stätten unter einem Dach, wie es in Jerusalem vorgegeben ist. (Für die Erstbesucher der Grabeskirche bietet dieser Umstand ein erhebliches Verständnisproblem: Wieso sind Kreuzigungsort, Salbungsstein und Grabkammer unter dem Dach einer Kirche vereint?) Die Kreuzkapelle schließt den Kreuzigungsfelsen Golgota im Seitenschiff der Jerusalemer Grabeskirche ein, das Salbhäuschen nimmt Bezug auf den Salbungsstein beim Eingang der Jerusalemer Grabeskirche und das Grabmonument bezieht sich auf eine spätmittelalterliche Nachbildung der Ädikula (Grabkapelle) der Anastasisrotunde, die auf den konstantinischen Rundbau über dem ursprünglichen Felsengrab Jesu zurückgeht. Das Heilige Grab in Görlitz ist somit Teil einer unter freiem Himmel inmitten eines Gartens (ehemaligen Friedhofs) angelegten Memorialanlage, die die wichtigsten Stätten der Passion Christi nachbildet. Erbauer der Görlitzer Anlage war der Rat der Stadt Görlitz. 1481 bis 1504 wurde sie auf Anregung des Patriziers Georg Emmerich errichtet, der 1465 als Pilger in Jerusalem und dort Ritter des Heiligen Grabes geworden war. In der Erbauungszeit des Bauensembles hatte Emmerich fünfmal als Bürgermeister den Vorsitz des Rates der Stadt Görlitz inne. Seine durch und durch fromme Absicht belegen u. a. seine Stiftungen für die Franziskanerkirche in Görlitz, die in der Barbarossakapelle der heute protestantischen Dreifaltigkeitskirche zu sehen sind: „Christus in der Rast“ gehörte zu einer Reihe von Holzskulpturen und die sandsteinerne Beweinung oder Grablegung Christi, die Hans Olmützer 1492 geschaffen hatte, ebenso. Emmerich starb 1507. Die Idee und wohl auch die Mittel zu den Bauten stammten von ihm. Seine Nachkommen hüteten diese Stiftung. Sein Enkel Hans Emmerich machte die Heilig-Grab-Anlage 1559 quasi zum Memorialort für seinen Großvater mit der Errichtung „Eigendlicher Abris des heiligen Grabes zu Görlitz“, Michael und Jacob Zipper, um 1700 © Wikicommons
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