Im Land des Herrn | 78. Jahrgang | 2024 - 3

3/2024 33 Heilig-Grab-Ensemble Heilig-Grab-Ensemble eines Epitaphs an der Stirnseite der Kreuzkapelle. Gustav Dalman bestreitet mit guten Argumenten, dass Georg Emmerich bei seiner Pilgerfahrt bereits einen kundigen Baumeister 1465 nach Jerusalem mitgenommen habe und 1476 gar ein zweites Mal in Jerusalem vor Ort gewesen sei. Für die Kreuzkapelle sind wiederholt Ablassbriefe vorhanden, gewichtiges Argument für das Vorhandensein der fertiggestellten Kapelle um die Wende zum 16. Jahrhundert. Die Grabädikula wird im gleichen Zeitraum (1481–1504) entstanden sein. Sie erinnert stark an das Nürnberger Heilige Grab. Auch hier ist ein schmalerer hinterer Teil durch einen Übergang mit dem breiteren vorderen Teil verbunden. Die Fensternischen sind gut vergleichbar und der hintere Teil der Ädikula ist ebenfalls halbrund abgeschlossen und mit rundbogigen Arkaden mit sieben Säulen umgeben. Auf der Frontseite sind zwei sonderbare Tafeln angebracht, in deren Rahmen Urnen abgebildet sind, die wohl an Salbgefäße erinnern. Wahrscheinlich zeigen sich hier aber missverständliche Auffassungen von Balustraden, wie sie auf einer weit verbreiteten Abbildung der Grabkapelle in Jerusalem von Erhard Reeuwich in einem Pilgerbericht von Bernhard von Breydenbach zu sehen sind, der 1486 erstmals in Mainz erschienen war. Die Görlitzer Baumeister mussten gar nicht eigens nach Jerusalem aufbrechen. Mit Breydenbachs „Peregrinatio in terram sanctam“ war doch alles hinreichend ersichtlich. Er hat mit seiner Grab- illustration nicht nur Görlitz merklich beeinflusst. Das Türmchen auf dem Dach steht auf der Grenze des vorderen und hinteren Teils. Sechs Säulen tragen gedrückte orientalisierende Spitzbögen und diese ein ausladendes Gebälk. Eine sechsseitige, wieder schmalere Kuppel bildet den Abschluss. Die Fassade der Grabkapelle hat nach jerusalemischem Vorbild zwei gebrochene Stäbe und drei viereckige Rahmen. Ebenso wie in Jerusalem ist der Zugang zur Kapelle von zwei Langsteinen gesäumt – vielleicht die Sitzplätze der Soldaten, die das Grab bewachen sollten (?) – mit einem größeren quer davor aufgestellten Stein, der offensichtlich den Türstein symbolisieren soll. Ein Epitaph von Georg Emmerich in der Adamskapelle Darstellung des Grabes Christi in Breydenbachs „Peregrinatio in terram sanctam“ , deutsche Ausgabe von 1488, Klosterbibliothek St. Anna München

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