3/2024 37 Grab Christi in Jerusalem befindlich. Die HeiligGrab-Kapelle in Ujazdów bei Warschau. Fassadenansichten, Schnitte und Grundriss.“ Die Originalbauten stehen seit um 1800 leider nicht mehr. Es handelte sich dabei um eines der größten sakralen Vorhaben, die August der Starke konzipieren und zwischen 1723 und 1731 errichten ließ. Der kurfürstlich-königliche Oberbaudirektor Joachim Daniel Jauch entwarf die Anlage mit ihren 28 oder 33 Kapellen, darunter die exakte Kopie der Görlitzer Grabkapelle und den Kalvarienberg mit einer bekrönenden Kreuzigungsgruppe. Aus der Passionsmystik des Mittelalters erwuchs das Verlangen nach der Gemeinschaft mit dem Leiden und Sterben Jesu. Franziskus von Assisi, 1224 mit den Wundmalen Jesu im wahrsten Sinn des Wortes gebrandmarkt, empfahl in seiner Ordensregel, den Fußstapfen Jesu zu folgen („sequi vestigia Christi“). Für die Verehrung der Leidensstätten Jesu in Jerusalem waren die Franziskaner prädestiniert, lebten und wirkten sie doch seit dem 14. Jahrhundert mit päpstlichem Auftrag im Heiligen Land. So wird auch Georg Emmerich unter franziskanischer Führung den Kreuzweg in Jerusalem mitgegangen sein, der anfangs des 16. Jahrhunderts, nach Errichtung der Görlitzer Anlage, seine heute übliche Form mit 14 Stationen erhielt. In Görlitz wird der Kreuzweg von der Krypta der Peter-und-Paul-Kirche bis zur Grabkapelle nur sieben Stationen umfasst haben. Vermutlich ist er dem „heiligen Circulus“ gefolgt, der der Überlieferung nach im 11. Jahrhundert der tägliche Weg Marias nach der Auferstehung Jesu gewesen war. Er hätte in Görlitz seinen Ausgang von der Heilig-Grab-Anlage genommen, hätte zur Peter-und-Paul-Kirche geführt, und dann wieder aus der Stadt hinaus zum Heiligen Grab. Die heute noch aktive „Jesus-Bäckerei“ bezeichnet z. B. den Ort, an dem Jesus unter der Last des Kreuzes zusammengebrochen sein soll. Bemerkenswert ist, dass diese Frömmigkeitsform auch in der reformatorischen Christenheit lebendig geblieben ist. Lieder von Paul Gerhardt (1607–1676), Gerhard Tersteegen (1697–1769) und Nikolaus Ludwig Graf von Zinzendorf (1700–1760), dem Begründer der Herrnhuter Brüdergemeinde, der übrigens auch Gustaf Dalman (gestorben 1941 in Herrnhut) nahestand, belegen das. Der oben erwähnte Katalog zeigt (Seiten 37 und 88) Fotos der Görlitzer Karfreitagsprozession von 2003. Die Inschrift auf der von Georg Emmerich für die Franziskanerkirche in Görlitz gestiftete Beweinungsgruppe illustriert recht eindrücklich die Intention des Stifters: „Sit pius ille mihi quem fles dulcissima virgo“ („gnädig sei mir jener, den du beweinst, süßeste Jungfrau“). Durch die Stiftung einer Witwe Schwetz vom 21. September 1489 sind regelmäßige Messe in der Kreuzkapelle belegt. „Sonntags, Montags, Dienstags und Freitags war jede Woche, und sonst an allen Festtagen, gewiss vor allem, an den durch die Ablassbriefe ausgezeichneten Besuchstagen, dort Messe zu verrichten. Am Freitag war dabei die Leidensgeschichte aus dem Evangelium Johannes zu verlesen.“ (Dalman, 1922, S. 86; er zitiert hier ein Manuskript aus der Bibliothek der Lausitzer Gesellschaft zu Görlitz.) Diese Messen gaben Gelegenheit, auch das Eingang zum Gelände Heilig-Grab-Ensemble Heilig-Grab-Ensemble
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