28 1/2025 che das „Heilige Feuer“ zelebriert wird und das Feuer aus dem Grab getragen wird, beginnt ein frenetischer Glockenjubel, an dem die kleinen Glocken und die hölzernen Klangbalken beteiligt sind, nicht aber die große Glocke. Auch dieser „Glockenjubel“ dauert Stunden, folgen doch die Osterprozessionen der orthodoxen Kirchen. Ein griechisch-russisches Glockenspiel Das Carillon der Grabeskirche besteht aus 19 Glocken, die in den vier, nach den Himmelsrichtungen angeordneten Fenstern aufgehängt sind. Zwei von ihnen läuten nicht, weil sie nicht mit einem Seil verbunden sind. Acht andere, die verschieden groß sind, hängen auf dem Boden. Bei näherer Betrachtung merkt man, dass die einen Inschriften auf Griechisch, andere in Russisch tragen, acht Glocken wurden nämlich Ende des 19. und zum Beginn des 20. Jahrhunderts in Moskau gegossen. Einige wurden 2013 durch neue ersetzt, die Kyrill, der Patriarch von Moskau, ein paar Monate nach seinem Besuch der Stadt schenkte. Herr, segne unser Tun! Da die Glocken auf orientalische Weise starr aufgehängt sind, sind ihre Kronen an Jochen (Tragbalken) fixiert, so dass sie nicht schwingen können. Deshalb müssen ihre Klöppel in Bewegung gesetzt werden. Zum Läuten der Glocken sind zwei Menschen erforderlich. Der eine ist zuständig für den Klöppel der Bourdon, d. h. der größten Glocke. Diese wird Blagovestnik (der Evangelist) genannt; sie wurde 1886 in Moskau gegossen. Sie wiegt 361 Pud und 5 Funt, Gewichtseinheiten im Russischen Kaiserreich; dies entspricht 6504 kg. Sie ist 1,8 m hoch und hat einen Durchmesser von 2,2 m. Der zweite Mann betätigt mit seinen Armen und seinem rechten Fuß alle anderen Glocken über ein System von Kabeln und Seilen. Beide tragen Ohrstöpsel und einen den Lärm reduzierenden Kopfhörer. Auch wenn ihr Trommelfell geschützt ist, hören sie dennoch das Glockengeläut stark und ihr Körper nimmt die Schwingung des Tons auf. Töne, die nicht stimmen, oder doch? Klingen die Glocken falsch? Paul Bergamo, der Chef der Glockengießerei Cornille-Havard in der Normandie, die die neuen Glocken von NotreDame in Paris gegossen hat, erklärt, dass die „russisch-orthodoxe Kirche ausdrücklich das Stimmen der Glocken verbietet, die zum Gottesdienst läuten. Das führt zu interessanten und oft auch ästhetischen Klängen, die aber in Frankreich abgelehnt werden, wo man wiederholende Akkorde bevorzugt: F – A – C“. Dieses Verbot erstreckt sich wahrscheinlich auf die gesamte byzantinische Tradition, die mit Viertelton-Harmonien sehr gut zurechtkommt. „Schlägt der Klöppel aus Weichstahl immer an derselben Stelle an, kann das Material (Bronze) beschädigt werden und die Glocke bekommt einen Sprung“, fügt Paul Bergamo hinzu. Dies könnte auch eine weitere Dissonanz erklären. Quellen: Kyriakos Labropoulos und Antonia Moroupoulou, Ground penetrating radar investigation of he bell tower of the church oft the Holy Sepulchre; Alla Nagorskaya, Cloches russes de l’église de la Résurrection à Jérusalem. Aus: „Terre saint“ Sept/Okt. 2024. Die Übersetzung besorgte Frau Rose-Marie Eisenkolb IM LAND DES HERRN Griechisch-orthodoxer Glöckner © MAB CTS
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