Franziskaner - Herbst 2023

38 FRANZISKANER 3|2023 Alternative Wirtschafts Neben den Großbanken gibt es in Deutschland ein weit verbreitetes Netz von Genossenschaftsbanken. Die Ansätze derselben gehen auf die Grundsätze der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung von Franz Hermann Schulze-­ Delitzsch und Friedrich Wilhelm Raiffeisen Mitte des 19. Jahrhunderts zurück. Die Zwecke waren im Wesentlichen die Kapitalansammlung und Kreditgewährung für kleine Leute, die Unterstützung von kleinen Betrieben und die Schaffung von landwirtschaftlichen Genossenschaften, um kleineren landwirtschaftlichen Betrieben einen gemeinsamen Absatz und Einkauf zu ermöglichen. International bekannt geworden sind auch die Mikrofinanzinstitute, die mit Kleinkrediten die Existenzgründung für Mittellose, oft Frauen, ermöglichen. Alle diese Institute arbeiten innerhalb der heutigen modernen Finanzsysteme. Die zugrunde liegenden Ideen und Anliegen sind jedoch nicht neu. Bereits im späten Mittelalter ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts hatte die Franziskanische Bewegung – vor allem aus der Observantenbewegung innerhalb des Minderbrüderordens und die franziskanische Laienbewegung des 3. Ordens (heute Orden der franziskanischen Weltleute) – Vorläufer der modernen genossenschaftlichen Institutionen und der Mikrofinanzierung ins Leben gerufen. In einer Epoche wirtschaftlicher Umwälzungen durch die städtische Bevölkerungsexplosion, die Verelendung der Landbevölkerung, den Niedergang des lokalen Handels infolge der Expansion des internationalen Handels drohte breiten Bevölkerungsschichten die Verarmung. Um dieser zu entgehen, wurden zur Absicherung des Arbeitsmarktes und für handwerkliche Existenzgründungen Kredite benötigt. Diese aber waren entweder mit horrenden Zinszahlungen – oft bis zu 40 Prozent und mehr – verbunden oder scheiterten an der Frage der Kreditwürdigkeit. Seelsorger dieser kleinen Leute in den Städten waren hauptsächlich die Brüder der Observanten, einer Reformbewegung innerhalb des Franziskanerordens, gemeinsam mit den Mitgliedern des 3. Ordens, die die karitativen Initiativen der Predigerbrüder unterstützten. Um der Finanznot der lokalen Handwerker, Händler und Arbeiter © PICTURE ALLIANCE/ AKG-IMAGES / RABATTI & DOMINGIE Die Geschichte der »Monti di Pietà« Der Kupferstich aus dem Jahr 1485 zeigt die Predigt des Marco da Montegallo. Der italienische Franziskaner wird als Gründer der Kreditinstitute der Armen angesehen. Der Künstler Francesco Rosselli lässt in seinem Werk den »Monte di Pietà« aus den sieben Werken der Barmherzigkeit erwachsen.

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