Franziskaner - Herbst 2023

43 FRANZISKANER 3|2023 ein und fragte sie regelrecht aus. Ihr Kloster war gerade um die Ecke und die Klosterkapelle täglich für alle o en. So machte ich mich auf der Stelle auf den Weg, betrat die kleine, unscheinbare Kapelle, kniete mich nach ganz vorne, und dann sah ich IHN – in der Monstranz, zum Greifen nah. Ich war wie vom Blitz getro en und wusste in diesem Augenblick, was ich mein Leben lang gesucht hatte: IHN! Hier war ich am Ziel all meiner Sehnsucht angekommen! Ich fühlte mich wie von einem Magneten angezogen, spürte so etwas wie ein Verliebtsein in mir, nur noch viel tiefer. Und es stimmt tatsächlich, wenn ich sage, dass diese Freude, IHN gefunden zu haben, heute noch genauso groß ist wie damals. Dieses Gefühl des übergroßen Glücks hat mich seither niemals mehr verlassen, auch nicht während schwierigerer Zeiten! Jedoch: Gott hatte es nicht leicht mit mir. Mir genügte es vollkommen, diesen wunderbaren Ort gefunden zu haben und ihn täglich aufzusuchen, zum stillen Beten zunächst, dann auch zur morgendlichen Heiligen Messe und zur abendlichen Vesper. Es zog mich immer wieder hierher, zu IHM. Dann dämmerte es mir: Er möchte mich ganz, und das hieß für mich: keine Lehrerin mehr, kein Musizieren mehr (so dachte ich), keine eigenen Kinder. Doch letztendlich konnte ich nicht anders; ich spürte plötzlich nach der Heiligen Messe am Festtag der heiligen Cäcilia ganz deutlich: Ich möchte bleiben und nicht jeden Tag wieder die Kapelle verlassen müssen, während die Schwestern Tag für Tag während der eucharistischen Anbetung ganz nah beim HERRN bleiben konnten. ER wollte mich eindeutig ganz, und nun endlich wollte auch ich: ganz bei IHM sein und bleiben. Und so trat ich trotz vieler äußerer Widerstände vor 28 Jahren fest entschlossen in das Kloster der Ewigen Anbetung in Mainz ein und wurde Klarissen-Kapuzinerin und damit ein Mitglied der großen Franziskanischen Familie. Unsere Ordenseltern Klara und Franziskus sind mir sehr ans Herz gewachsen, und ich bin froh, gerade in ihrer Spiritualität leben zu dürfen. Es gibt vieles, was mich an ihnen fasziniert, aber ich möchte nur kurz zwei ganz persönliche Aspekte benennen, die mit meinem Nachfolgeweg zu tun haben: Franziskus war sehr musikalisch, er sang viel und oft und dichtete den wunderschönen Sonnengesang. Ich liebe die Zeichnung von Ernst Alt, auf der er tänzelnd mit zwei Ästen wie auf einer Geige spielt, in einer Leichtigkeit, Unbeschwertheit und vor allem einer tiefen Gottversunkenheit. Da fühle ich mich ihm ganz nah und verbunden; wohl wissend, dass jeder einzelne Ton bei Gott Gehör ndet und er die Sehnsuchtsmelodie meiner Seele ganz genau heraushört. Singen ist eben doppeltes Beten, wie schon Augustinus betonte.Und was Klara betri t: Wir wissen ja, dass die vielen Darstellungen Klaras mit einer Monstranz in der Hand historisch gesehen nicht korrekt sind, weil es zur Zeit Klaras noch keine Monstranzen gegeben hat. Aber es steckt eine tiefere Aussage dahinter: Klara verehrte die Eucharistie sehr und vermochte dadurch sogar die Feinde in die Flucht zu schlagen. Das ist für mich als Anbetungsschwester ein ganz wichtiger Aspekt, da gehe ich gerne in ihren Spuren. Wir glauben fest daran, dass das eucharistische Brot nicht lediglich ein Zeichen, ein Symbol ist, sondern tatsächlich der Leib Christi. ER selbst ist es, und wir dürfen IHM so nahekommen. Nichts anderes haben unsere 41 Mitschwestern geglaubt, die 1945 im Gewölbekeller des Klosters nach dem zunächst überstandenen schlimmen Bombenangri während der Nacht allmählich erstickt sind. Man fand sie kniend, in mit zum Gebet ausgebreiteten Armen um den provisorisch errichteten Altar, auf welchem noch während des Luftangri s die Monstranz und der Speisekelch mit über 250 konsekrierten Hostien gestanden hatten. Die beiden Gefäße waren nun entleert, also haben alle Schwestern noch kurz vor ihrem Heimgang mehrmals die Kommunion empfangen! Welch ein beeindruckendes Zeugnis! Ganz im Sinne von Klaras Worten, einzig auf den HERRN zu schauen und ihm vertrauend alles loszulassen, auch alle Ängste. An diesem bedeutenden Ort möchte auch ich heute meinen Glauben bezeugen durch meine täglich fünfenhalbstündigen Gebetszeiten vor der Monstranz, in die ich immer die ganze Welt mit hineinnehme und stellvertretend für alle den Himmel o en halte. Es muss sie doch geben, diese Orte, von denen aus die Gebete auch heute noch aufsteigen, wo die Anliegen der Menschen an Gottes Herz gelegt werden und wo Gott immer wieder neu gelobt, gepriesen und ihm gedankt wird! Franziska Katharina Spang OSCCap (l.) und Maria Theresia Hüther OSCCap senden regelmäßig Beiträge im Radio Horeb aus dem Kloster in Mainz. Schwester Franziska Katharina ist seit dem 24. April dieses Jahres Äbtissin der Klarissen-Kapuzinerinnen von der Ewigen Anbetung. Die Religions- und Musiklehrerin trat mit 33 Jahren in die Ordensgemeinschaft ein. Ihre Vorgängerin Schwester Theresia ist heute Vikarin der Gemeinschaft. ▶▶ www.klarissen-kapuzinerinnen-mainz.de Das Kloster, in das Schwester Franziska Katharina eintrat, liegt inmitten der Mainzer Innenstadt. 2017 zogen zehn Klarissen aus dem Trierer Kloster St. Clara zu den Mainzer Schwestern. Seitdem gehören sie zur Gemeinschaft der Klarissen-Kapuzinerinnen von der Ewigen Anbetung.

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