14 FRANZISKANER 4|2023 wollen einen Raum schaffen, in dem sich die Gäste wie zu Hause fühlen sollen – wenn auch nur kurz. 160 Plätze hat der Speisesaal. Viele stehen lange an, um unbedingt einen Platz zu bekommen. Wir begrüßen am Eingang jeden Gast persönlich. Im letzten Jahr stand der Berliner Erzbischof Heiner Koch mit am Eingang – eine Überraschung für manche, die wussten, was ein Bischof ist. Wir laden zuerst um 15 Uhr zu Kaffee und Kuchen ein. Dabei spielt meist ein Posaunenchor aus einigen evangelischen Gemeinden. Vor einem Jahr spielten eine Mutter mit ihrer Tochter auf der Flöte. Der Saal ist weihnachtlich geschmückt, mit Tannenbaum, Kerzen und Holzkrippenfiguren in den Fenstern. Anschließend hören die Gäste eine Weihnachtsgeschichte, oder der Bischof spricht zu ihnen. Wir versuchen Weihnachtslieder mit den Gästen zu singen – viele Gäste aus den osteuropäischen oder arabischen Staaten kennen sie nicht. Und doch geht die Musik einigen so zu Herzen, dass sie die Atmosphäre nicht mehr ertragen können und rausgehen. Danach veranstalten wir ein Bingospiel, bei dem die Gäste ihre Geschenke gewinnen können. Eine Garage voll Geschenke sammeln wir jedes Jahr in der Adventszeit. Das ist ein besonders intensiver Augenblick mit Überraschungen und manchen Kindheitserinnerungen. Unglaublich, wie viel die Gäste noch beim Abendessen mit Kartoffelsalat und Würstchen verdrücken können! Manche essen sehr schnell, um noch bei einer anderen Weihnachtsfeier früh genug dabei sein zu können. Auch wir und alle Mitarbeitenden sind froh, nach dem Aufräumen zur eigenen Weihnachtsfeier übergehen zu können. An beiden Weihnachtstagen öffnen wir die Suppenküche und bieten nicht wie sonst eine Suppe an, sondern ein schmackhaftes Menü. Erst nach den Feiertagen machen wir etwas Pause und bieten nur eine Notversorgung mit Butterbroten an. Aber auch die müssen geschmiert werden. Die Gäste werden in der Suppenküche hineingenommen in das wärmende, schöne Fest. Aber es ist auch richtig, dass nach dem Fest wieder jede und jeder in die eigene, zum Teil harte Wirklichkeit entlassen wird, so wie es jeden Tag nach dem »Suppefassen« geschieht: Ich bleibe für mich verantwortlich, muss mit meinem Leben eine Antwort darauf geben, dass ich in dieses Leben hineingeworfen bin. Heiligabend im Jahr 2016 in der Suppenküche der Franziskaner in Berlin-Pankow Krippen spiegel häufig die Kultur der Gläubigen. Im Museum der Völker in Werl sind u. a. Krippen aus Lateinamerika, Afrika und Asien ausgestellt. Franziskanermissionare brachten diese Krippen mit aus den Ländern, in denen sie wirkten.
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